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2. Die Mutter sprach: „Die Glocke tönt,
und To ist dir's befohlen,
und hast du dich nicht hingewöhnt,
sie kommt und wird dich holen."
3. Das Kind, es denkt: Die Glocke hängt
da droben auf dem Stuhle. —
Schon hat's den Wieg ins seid gelenkt,
als lief es aus der Schule.
4. Die Glocke, Glocke tönt nicht mehr,
die Mutter hat gefackelt.
Doch welch ein Schrecken hinterher!
Die Glocke kommt gewackelt.
5. Sie wackelt schnell, man glaubt es kaum;
das arme Kind im Schrecken,
es läuft, es kommt, als wie im Craum,
die Glocke wird es decken.
6. Doch nimmt es richtig feinen I)ufch,
und mit gewandter Schnelle
eilt es durch Hnger, seid und Busch
zur Kirche, zur Kapelle.
7. Und jeden Sonn- und feiertag
gedenkt es an den Schaden,
läßt durch den ersten Glockenfchlag,
nicht in Person, sich laden.
21. Sormtacjmorcjen. Da* Karl öucu.
Erläuterungen deutscher Dichtungen. Erste Reihe. 7. Aufl. Leipzig 1881. 8. 321.
Stiller Friede ist über die weite Flur, über Feld und Wald, über
Dorf und Stadt ausgebreitet, ob auch die Sonne längst am blauen
Himmel emporgestiegen ist und Menschen und Tiere mit ihren freundlichen
Strahlen aus dem Schlafe geweckt hat. Heute ist der Tag des Herrn,
der Tag der Ruhe! Unberührt stehen Wagen und Pflug, Egge und
Spaten. Behaglich stampfen die Rosse im Stalle und knuspern wählerisch
am Heu. Der Zugochs liegt wiederkäuend auf seinem Lager und brüllt
den eintretenden Herrn zutraulich an. Knechte und Mägde haben ihr
Sonntagsgewand angelegt. Schon die ganze Woche freuten sie sich auf
diesen Erholungstag. Sauber gewaschen und gekämmt und reinlich ge¬
kleidet sitzen die Kinder vor den Türen. Die frisch gescheuerten Fenster