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19. Und Erstaunen ergreifet das Volk umher,
in den Armen liegen sich beide
und weinen vor Schmerzen und Freude.
Da sieht mau kein Auge tränenleer,
und zum Könige bringt man die Wundermär;
der fühlt ein menschliches Rühren,
läßt schnell vor den Thron sie führen.
20. Und blicket sie lauge verwundert an;
drauf spricht er: „Es ist euch gelungen,
ihr habt das Herz mir bezwungen, —
und die Treue, sie ist doch kein leerer Wahn!
So nehmet auch mich zum Genossen an!
Ich sei, gewährt mir die Bitte,
in eurem Bunde der Dritte!"
31. Der blmcte König. von Ludwig mund.
Gedichte. Krit. Ausgabe von Erich Schmidt und Julius Hartmann. 1. Band.
Stuttgart 1898, S. 146.
1. Was steht der nord'schen Fechter Schar
hoch auf des Meeres Bord?
Was will in seinem grauen Haar
der blinde König dort?
Er ruft, in bittrem Harme
auf seinen Stab gelehnt,
daß überm Meeresarme
das Eiland widertönt:
2. „Gib, Räuber, aus dem Felsverlies
die Tochter mir zurück!
Ihr Harfeuspiel, ihr Lied, so süß,
war meines Alters Glück.
Vom Tanz auf grünem Strande
hast du sie weggeraubt;
dir ist es ewig Schande,
mir beugt's das graue Haupt."
3. Da tritt aus seiner Kluft hervor
der Räuber, groß und wild;
er schwingt sein Hüneuschwert empor
und schlägt an seinen Schild:
„Du hast ja viele Wächter,
warum denn litten's die?
Dir dient so mancher Fechter,
und keiner kämpft um sie?"