Full text: [Teil 4, [Schülerbd.]] (Teil 4, [Schülerbd.])

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in ein Papier nnb ging mit dem Pferdehändler nach dem Stalle, um 
ihm das Pferd zu überliefern. 
Der Einnehmer wartete die Rückkunft der beiden nicht ab. „Mit 
solchem Klotze ist nichts anzufangen" sagte er; „aber wenn du uns nur 
nicht so ordentlich auf die Termine bezahltest, wir wollten dich —" Er¬ 
fühlte nach seinen urkundlichen Papieren in der Tasche, bemerkte an ihrem 
Knittern, daß sie noch darin feien, und schlich vom Hofe. 
Aus dem Stalle traten der Roßkamm, der Schulze und ein Knecht, 
welcher zwei Pferde, das des Roßkammes und die erkaufte braune Stute, 
hinter sich herführte. Der alte Schulze sagte, indem er die letztere zum 
Abschiede streichelte: „Es tut einem doch immer leid, wenn man eine 
Kreatur, die man aufzog, losschlägt; aber wer kann dawider? Nun, halte 
dich brav, Bräunchen!" rief er und gab dem Pferde einen herzhaften 
Schlag auf die runden, glänzenden Schenkel. 
Der Pferdehändler war indessen aufgestiegen und sah mit seiner 
langen Figur und der kurzen Schoßjacke unter dem breitkrempigen, lackierten 
Hute, mit seinen erbsengelben Hofen über den dürren Lenden und den hoch 
hinaufreichenden, ledernen Gamaschen, mit seinen Pfundsporen und seiner 
Peitsche wie ein Wegelagerer aus. Er ritt, ohne Lebewohl gu sagen, 
fluchend und wetternd davon, die Braune am Leitzaume nachziehend. 
Keinen Blick wandte er nach dem Gehöfte zurück; die Braune hingegen 
drehte mehrere Male den Hals um und wieherte wehmütig, als wollte sie 
klagen, daß ihre gute- Zeit nun vorüber sei. Der Hoffchulze blieb, die 
Arme in die Seite gestemmt, mit dem Knechte stehen, bis der Zug durch 
den Baumgarten verschwunden war. Dann sagte der Knecht: „Das Vieh 
grämt sich." „Wärmn sollte es nicht?" erwiderte der Hofschulze; „grämen 
wir uns doch auch. Komm auf den Futterboden; wir wollen Hafer 
messen." Karl Jmmermann. 
8. Der Töpfer von Rändern. 
1. In dem kleinen, an den Vorbergeu des Schwarzwaldes gelegenen 
Städtchen wurde zu frühern Zeiten mit Eifer die Töpferei betrieben, der 
Ton- und Erdgruben wegen, welche die Gegend in reicher Menge barg. 
Obwohl nun aber fast in jeder Gasse und jedem Gäßchen ein fleißiger 
Töpfer hinter seiner Drehscheibe saß, alle sind längst der Vergangenheit 
anheimgefallen bis auf einen —. 
Und doch war gerade er der ärmste gewesen von allen und hatte 
unter einem Dache gehaust, das völlig eingesungen war unter der dichten 
Moosdecke, die darauf wucherte; seltsame Schlinggewächse entsprossen dem 
Dietleius Deutsches Lesebuch. Mittelsch. IV. Z
	        
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