Full text: [Teil 4 = Kl. 5 u. 4, [Schülerbd.]] (Teil 4 = Kl. 5 u. 4, [Schülerbd.])

132 
ums Herz, und ich dachte auch, Ihr selber würdet's wohl noch beisammen 
bekommen. Räumt nur ein bissel auf in Eurem Kopfe; es muß ja noch 
irgendwo verkramet liegen!" 
Frau Stine schüttelte den Kopf. „Die Urahne ist mir früh gestorben. 
Das aber weiß ich noch wohl, wenn wir damals große Dürre hatten, 
wie eben jetzt, dann pflegte sie wohl ganz heimlich zu sagen: ,Das tut 
der Feuermann uns zum Schabernack, weil ich einmal die Regenfrau 
geweckt habeL" „Der Feuermann?" fragte das Mädchen, „wer ist denn 
das nun wieder?" Aber ehe sie noch eine Antwort erhalten konnte, war 
sie schon ans Fenster gesprungen und rief: „Um Gott, Mutter, da kommt 
der Andrees; seht nur, wie verstürzt er aussieht!" Die Witwe erhob sich 
von ihrem Spinnrade. „Freilich, Kind," sagte sie niedergeschlagen, „siehst 
du denn nicht, was er auf dem Rücken trägt? Da ist schon wieder eines 
von den Schafen verdurstet." 
Bald darauf trat der junge Bauer ins Zimmer und legte das tote 
Tier vor den Frauen auf den Estrich. „Da habt ihr's!" sagte er finster, 
indem er sich mit der Hand den Schweiß von der heißen Stirn strich. 
Die Frauen sahen mehr in sein Gesicht als ans die tote Kreatur. „Nimm 
dir's nicht so zu Herzen, Andrees!" sagte Maren. „Wir wollen die 
Regenfrau wecken, und dann wird alles wieder gut werden." „Die 
Regenfrau!" wiederholte er tonlos; „ja Maren, wer die wecken könnte! — 
Es ist aber auch nicht wegen dem allein; es ist mir etwas widerfahren 
draußen." — Die Mutter faßte zärtlich seine Hand. „So sag es von 
dir, mein Sohn," ermahnte sie, „damit es dich nicht siech mache!" 
„So hört denn!" erwiderte er. — „Ich wollte nach unsern Schafen 
sehen, und ob das Wasser, das ich gestern abend für sie hinaufgetragen, 
noch nicht verdunstet sei. Als ich aber auf den Weideplatz kam, sah ich 
sogleich, daß es dort nicht seine Richtigkeit habe; der Wasserzuber war 
nicht mehr, wo ich ihn hingestellt, und auch die Schafe waren nicht zu 
sehen. Um sie zu suchen, ging ich den Rain hinab bis an den Riesen¬ 
hügel. Als ich auf die andere Seite kam, da sah ich sie alle liegen, 
keuchend, die Hälse lang auf die Erde gestreckt; die arme Kreatur hier 
war schon krepiert. Daneben lag der Zuber umgestürzt und schon gänzlich 
ausgetrocknet. Die Tiere konnten das nicht getan haben; hier mußte eine 
böswillige Hand im Spiele sein." 
„Kind, Kind!" unterbrach ihn die Mutter, „wer sollte einer armen 
Witwe Leides zufügen!" 
„Hört nur zu, Mutter, es kommt noch weiter. Ich stieg auf den 
Hügel und sah nach allen Seiten über die Ebene hin; aber kein Mensch 
war zu sehen, die sengende Glut lag wie alle Tage lautlos iiber den 
Feldern. Nur neben mir auf einem der großen Steine, zwischen denen 
das Zwergenloch in den Hügel hinabgeht, saß ein dicker Molch und sonnte 
seinen häßlichen Leib. Als ich noch so halb ratlos, halb ingrimmig um
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.