Full text: [Teil 4 = 8. u. 9. Schulj, [Schülerbd.]] (Teil 4 = 8. u. 9. Schulj, [Schülerbd.])

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begraben zu werden gewünscht hatte. Kein Schornstein rauchte, keine 
Esse flammte, kein Rad bewegte sich, als der Dahingeschiedene in das 
unscheinbare Gebäude getragen wurde, in dem er unter Kummer und 
Sorgen einst sein Lebenswerk begonnen hatte. 
Groß war die Trauer um den Entschlafenen. In Charlottenburg 
wurde ihm ein ehernes Standbild gesetzt; in Essen suchte man den „größten 
Bürger der Stadt“ durch zwei Denkmäler zu ehren. Das beste Denkmal 
setzte Krupp sich selbst, indem er seinen Arbeitern eine Million Mark und 
der Stadt Essen eine halbe Million hinterließ. 
Was Alfred Krupp gewollt hatte, das Werk seines Vaters fortsetzen 
und zur höchsten Blüte entfalten, das hatten sein fester Wille und seine 
unbeugsame Beharrlichkeit in vollstem Maße erreicht. Sein Name gehört zu 
denen, die für alle Zeit im Gedächtnis des deutschen Volkes fortleben werden. 
Helene Stökl. („Ich will!“ Lebensbilder hervorragender Männer unsrer Tage. — Gekürzt.) 
c) Fabrikherr und Arbeiter. 
„Morgen, Herr Költsch!“ — „Morgen, Herr Wiskotten!“ 
Der graubärtige Werkmeister lüftete, wie es Gustav Wiskotten getan, 
die seidene Schirmmütze. „Mein Bruder Wilhelm geht anfangs nächster 
Woche nach England zurück. Sorgen Sie doch, daß heute noch die Muster— 
karte für London aufs Kontor kommt!“ — „Ist schon in der Buchbinderei, 
Herr Wiskotten. Um zehn Uhr wird sie vorliegen!“ — „Sie haben das 
Geschäft im Kopfe wie wir. Im Betrieb was zu bemerken?“ — „Die 
neue Maschine arbeitet. Ein Genuß, sie zu sehen. Denn zu hören gibt's 
fast nichts. Fast geräuschlos!“ — „Kommen Sie mit!“ Wiskottens Augen 
strahlten, und sie gingen über den Fabrikhof ins Maschinenhaus. „Morgen, 
Armbruft. Na, stolzv“ 
2. Der Maschinenwärter in enganliegendem blauen Leinenanzug und 
dicken Wollpantinen rückte an der Mütze, lachte und trat beiseite. Durch 
das mächtige Oberlichtfenster fiel die Morgensonne. Sie spielte auf den 
blankpolierten Steinfliesen, kletterte auf und ab an dem funkelnden Messing— 
geländer, das die Maschinen schützend umgab, und spiegelte sich in den 
hundert blitzenden Bestandteilen der Ungetüme. Der Raum und sein 
Inhalt sahen aus, als wären sie zu einer Ausstellung, zu einer Sehens— 
würdigkeit bestimmt und nicht zur harten Fron des Werktages. Nicht eine 
Fußspur auf den Fliesen, nicht ein Fingerabdruck am Geländer und an 
den Maschinen, in der Luft kein Sonnenstäubchen. Die gewaltigen Trans— 
missionsriemenb2 sausten aus der Wand heraus mit einer Geschwindigkeit 
über das Schwungrad, daß dem Auge war, als schwebten sie regungslos 
in der Luft. 
Gustav Wiskotten ging um den Koloß herum, langsam, Schritt für 
Schritt. Seinem Blick entging keine Schraube. „Költsch, die kostet ein 
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