Moskau brennt. 387
in der unabsehbaren Einoͤde. Die Offiziere pochten
an die Palaͤste; ein Pfoͤrtner trat vor, und uͤber—
reichte die Schluͤssel zum ganzen Hause. Man oͤff⸗
nete einige Kirchen: die Altaͤre waͤren festlich auf⸗
geziert, und Hunderte von Lampen flimmerten in
jedem Tempel, bei welcher religioͤsen Pracht die
Franzosen ein ganz eigenes Gefuͤhl ergriff. Prie⸗
ster, Beamten 3 man nirgends; bei naͤherer Un⸗
tersuchung traf man in vielen Haͤusern noch Kinder,
schwache Greise und loses Gesindel, zum Theil Ver—
brecher, welche der russische Stadtcommandant,
Graf Rostopschin, bei seinem Abzuge aus den
Kerkern entlassen hatte. Kurz, Napoleon hatte ei—
nen Einzug in Moskau, wie weiland der Gallier
Brennus in Rom, und Napoleon war jetzt am Zie⸗
le seiner Laufbahn. Da er den Fuß in Moskau
setzte, verließ ihn das Gluͤck, und schlug fuͤr Euro⸗
pa die Stunde der Befreiung, in Moskau sollte der
Wuͤrger Europa's gerichtet werden.
S. 112.
Moskaubrennt.
(15 — 20. Sept. 1812.)
Kaum hatte Napoleon von dem Kreml, der
Burg der russischen Czaren, Besitz genommen, als
in der Mitte der Stadt eine dichte Rauchwolke auf⸗
stieg. Es war der brennende Bazar, den die Rus—⸗
sen angesteckt hatten, damit die kosibaren Waaren,
die dort aufgeschichtet lagen, und bei der Flucht der
Buͤrger nicht hatten weggebracht werden koͤnnen, den
Franzosen nicht in die Haͤnde fallen moͤchten. Na—
poleon befahl zu loͤschen, aber seine Soldaten pluͤn⸗
derten lieber mit dem russischen Poͤbel in die Wette.
Als das Feuer auch die Vorraͤthe von Oel, Harz
und Vitriol in den Kellern ergriff, da spruͤhete der
Bazar Flammenstroͤme nach allen Seiten aus, und
verwandelte Hunderte von verwegenen Pluͤnderern
in Asche.
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