Sechster Zeitraum.
dankbare Volk ihm das Consulat, ja die Dictatur auf Le—
benszeit verleihen wollte. Die römischen Feldherren hundert
Jahre nach ihin waren weniger bescheiden, denn sie nahmen
nicht nur das Gebotene, sondern auch das Verweigerte, zum
Sturze der Freiheit. Es war Rom gelungen, die mächtige
Nebenbuhlerinn zu demüthigen, aber nur unter schweren
Opfern. Italien glich einer Wüste und einem Leichenfelde.
Nachdem Karthagos Macht gänzlich gelähmt war, konnte
nichts mehr den Römern die Herrschaft des Westens streitig
machen, nun war auch der Gedanke an die Bezwingung des
Ostens, ja der Welt, nicht mehr zu kühn. Wie sind aber
die Römer ein welteroberndes Volkl geworden? Sie waren
von Völkern umgeben, die ebenfalls erobern wollten; die
Römer suchten daher ihr Dasein und ihren gewonnenen
Besitz zu behaupten. Da sie durch Muth, Tapferkeit und Glück
die glänzendsten Erfolge ihrer Waffen sahen, gelangten sie
zum Bewußtsein ihrer Kraft, und hierdurch zur Herrschlust.
Für die Armen war der Krieg erwünscht, weil sie nur da—
durch sich größere Güter erwerben konnten; den vornehmen
Familien war er genehm, weil er ihnen Gelegenheit bot,
ihren Ehrgeiz zu befriedigen. Diese Umstände gaben die Ver—
anlassung, daß die Römer die Welt erobern wollten; daß
es ihnen gelang, hatte folgende Ursachen: Die Römer waren
in den bessern Zeiten der Republik der Mehrzahl nach noch
kräftig, unentnervt, von einfachen Sitten, wahre Männer,
Rom üͤber Alles schätzend, für den Ruhm des Vaterlands
wahrhaft begeistert. Ihre Gegner waren aber Söldner, welche
bloß das lockere Band der Habsucht zusammenhielt, oder es
waren Völker, die Genußsucht und Wollust verweichlichet
hatten. Die Römer erfreuten sich eines geordneten Staates mit
Recht und Gesetzen, und hielten auf Mannszucht, während
in den übrigen Staaten Willkür oder Parteiwesen herrsch—
ten. Sie verstanden es endlich, ihre Absichten schlau zu ver—
bergen, von den jedesmaligen Zeitereignissen Nutzen zu schöpfen,
gleich den heutigen Englaͤndern im Trüben zu fischen, und
fremde Leidenschaften zum eigenen Vortheile auszubeuten.
Ihre Politik waͤr vorsichtig, listig, langsam, aber sicher vor⸗
anschreitend, etwa wie jetzt die russische. Dann war den Roͤ—
mern auch jedes Mittel recht, wenn es nur zum Zwecke
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