Full text: Von Alexander d. Gr. bis Christus (Bd. 3)

Die caudinischen Pässe. 
wurden erst die 6900 Geißeln in die Gefangenschaft abge— 
führt, darauf den Consuln ihre Lictoren genommen, und der 
Feldherrenmantel vom Leibe gerissen. Am Ende des Thales 
stand das Joch aufgerichtet, eine Art von Galgen. Zuerst 
mußten die Consuln fast nackt unter ihn hergehen, dann alle 
Obersten nach ihrem Range, zuletzt die einzelnen Legionen. 
Die Samniter standen bewaffnet zu beiden Seiten, höhnisch 
lachend, und wer nur eine Miene des Unwillens zog, auf den 
stachen sie zu; viele Römer wurden dabei noch niedergemacht. 
Als das gebeugte Heer auf freiem Felde war, mochte 
keiner ein Auge aufschlagen, selbst vor der Sonne schämten 
sie sich, ihre Schande kam ihnen nun nicht mehr wie eine 
Heldenthat vor. Gegen Abend standen sie vor Capua, aber 
sie mochten nicht die Stadt betreten, sondern blieben an der 
Landstraße liegen, hungrig und bloß. Aber die Capuaner, 
die von dem Unglücke ihrer Bundesgenossen schon gehört 
hatten, schickten geschwind Lictoren für die Consuln hinaus, 
dann auch Waffen, Pferde, Kleider und Lebensbedürfnisse 
für die Soldaten, damit dieselben mit Ehren in die Stadt 
ziehen könnten, und Senat und Volk holte sie feierlich ein. 
Aber weder diese Ehre, noch die freundliche Bewirthung 
konnte die Römer dahin bringen, ein Wort zu sprechen, 
oder ihre tröstenden Freunde auch nur anzublicken. Am an— 
dern Morgen wurden sie von einer Ehrenwache capuanischer 
Jünglinge aus den ersten Ständen bis an die Gränze des 
capuanischen Gebiets begleitet. Als diese zurückkehrten, be— 
richteten sie dem Senate in Capua, die Römer waͤren die al— 
ten Römer nicht mehr, aller Muth, alle Kraft sei ihnen ent— 
schwunden, sie trügen das Joch noch immer auf dem Nacken, 
und die Samniter hätten nicht nur einen rühmlichen, sondern 
einen ewigen Sieg erfochten, denn sie hätten die römische Tap⸗ 
ferkeit vernichtet. Die guten Capuaner — wie sie sich irrten! 
Als die Nachricht von der Schande des Heeres nach 
Rom kam, versank die ganze Stadt in tiefe Trauer. Die 
Buden am Markte wurden geschlossen, alle öffentlichen Ge— 
schäfte hörten auf, aller Kleiderschmuck wurde abgelegt. Die 
Stadt war fast niedergeschlagener, als die beschimpften Sol- 
daten, die Abends spät bei der Finsterniß einzeln durch ver— 
schiedene Thore schlichen, und sich in ihre Häuser verkrochen.
	        
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