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bei der andern jener Makel vorbanden, der sie nicht paffend erscheinen läßt. Wenn
dann endlich die rechte an die Reihe gekommen und sonder Tadel und Fehl befunden
worden ist, dann beginnt die Unterhandlung mit ihr. Sie wird gefragt, ob sie ge¬
neigt sei, sich dem N. N. zu verdinge», und ist cs ihr recht, dann wird der künftige
Bräutigam herbei gerufen, daß er die Einwilligung selbst vernehme. Sind dann die
weiteren Verhandlungen wegen der Mitgift von den Brautwerbern beendigt, dann
werden die Ehcpacten aufgenommen und die junge» Leute zu Brautleuten erklärt.
Ei» Handschlag besiegelt das neue Verhältniß. Bei der Copulation setzt die Braut
einen Brautkranz, bestehend aus s. g. gebackenen Rosen rc. auf den sonst nicht bedeckten
Kopf. Das Haar wirk am Hinterkopf zusammengebunden, hängt aber ohne gestochten
zu sein über den Rücken herunter. Der Bräutigam erhält von der Braut zur Copulation
einen Strauß, welcher der „Luststiel" heißt. Eine Braut, die schon einmal Mutter war,
(„eine gepäuschelte") darf ken Brautkranz nicht tragen, sondern erscheint in der sonst
üblichen Kopfbedeckung. Ein Bräutigam, der schon Vater gewesen ist, Darf den „Lust-
stiel" nicht aufrecht auf den Hut stecken, sondern muß ihn mehr legen. Nach der
Copulation geht kie Braut vor dem Bräutigam ganz langsam erwartungsvoll her bis
an das Haus, welches ihre künftige Wohnung werden soll. An der Hausthüre ange¬
langt, tritt sie einen Schritt seitwärts »»d der Bräutigam tritt vor, geht zuerst in
das Haus und zieht seine nunmcbrige Frau scheinbar mit Gewalt in das Haus. Zu¬
weilen wird auch an die innere Seile der Hausschwelle eine Axt oder ein Besen ge¬
legt, als Schutzmittel gegen Hexereien. — Zuweilen, wenn auch nur noch sehr selten,
werden die Hochzeiten mit noch viel mehr Ceremonien vollzogen. Klipstein erzählt vo>i
einer svlche», welche er in Hartenrod mitgemacht hat. Wir lassen diesen Gewährsmann
selbst erzählen :
„Als wir in das Dorf kamen, hörten wir eine Musik in der Ferne. Die Braut
wurde von ihrem Dorfe ganz langsam Herbeigefahre». Pferde und Fuhrmann waren
mit Bändern geziert. Zn der Mitte des Wagens stand ein riesenmäßiger Nocken, an
welchen 30 — 40 Pfund geheuchelten Flachses gebunden waren; kaum etliche Mann
konnten ihn umfaßen. Außen war er mit Goldpapier umwunden, worcm vielfarbige
Bänder herabflatlerten. Ungefähr 20 hölzerne Spindeln stacken in dem Flachs. Unter
diesem Gebäude saß die Braut und mußte weinen. Man sah sie kaum. Bor dem
Aufsteigen werden ihr, wie man erzählte, die Augen durch die Verfertigerin des Braur-
hemvcs zugebunden; dies Land aber wird sogleich wieder aufgelöst, sobald sie diesen
Platz eingenommen hat. Alle ihre Gespielinnen standen aufrecht um sie. Hoboes und
Clarinctten begleiteten den Gesang eines wvhlgcwähltcn geistlichen Liedes. Hinter
diesem Ccremonicnwagc» folgt der Packwagen mit Hausrath nebst 80—100 Pfv. ge¬
brechte» und geschwungene» aber ungehächelten Flachses. Um diese Wägen sprengten
gegen 10 junge Burschen zu Pferd : die Brau trenn er. Sie waren voraus ge¬
jagt, und wurden auf der Grenze, wo wir mit unserer Chaise hielten, von ebensoviel
Rennern des Bräutigams empfangen; es hatte jeder einen Krug mit Branntwein und
zwar ohne Stöpsel bei sich. Diese Flaschen reichte» sie einstweilen in Erwartung des
Braulwagens einander über die Grenze. Auf einem schwarzen Roß ritt bald darauf
der Bräutigam langsam herzu, wie die alten Deutschen ohne Sattel, den Hut hatte
er heruntergeschlagen und eine» schwarzen Mantel um, begleitet von jungen Burschen
zu Pferd auch in Mänteln. Rech vor seiner Ankunft warf die Braut, während ihr
Wagen auf der Grenze still hielt, alle Spindeln, eine nach der andern, hinter sich zur
Erde. Der Bräutigam hatte einen Hahn in der Hand; denselben übergab er dem
Fuhrmann, welcher ihm dagegen ein Stäbchen mit Bändern überreichte; dann umritt
er mit all seinen Rennern den Brautwagen. Das drittemal mußte das Pferd der
Braut gegenüber Männchen machen. Weil dies Manöver gut von statten ging, so
durfte dieselbe freudig unter de», Rocke» hervorschen, im Gegentheil würde sie eine
vermeintliche üble Vorbedeutung beweint haben. Nun ging der Zug gemeinschaftlich
fort. Noch am Dorf rannte» alle Begleiter, der Bräutigam in der Mitte, voraus.