sechster Abschnitt. 25Q
sehnliche Gebäude zu errichten. Er ließ die Söhne ihres
Adels in den freyen Künsten unterrichten, die lateinische
Sprache lehren, und bewog sie, die römische Kleidung und
Lebensart nachzuahmen. So fieng dieses barbarische Wölk
nach und nach an, die üppigen Sitten seiner Besieger
anzunehmen, und übertraf sie nach einiger Zeit sogar in
allen Verfeinerungen des sinnlichen Vergnügens. Für
dieses Glück in Brittannien ward Titus zum fünfzrhnten-
mal mit dem Titel Imperator beehrt; aber er überlebte
diese Ehre nicht lange, indem er nicht weit von Nom von
einem hitzigen Fieber befallen wurde. Als er sein nahes
Ende fühlte, erklärte er, daß er während seines ganzen Le¬
bens nur eine Handlung wisse, welche er bereue; er fand
aber nicht für gut, dsese Handlung zu entdecken. Er starb
kurz darauf, nicht ohne Verdacht der Verrätherey von sei¬
nem Brudtr Domitian, welcher schon lange die Regierung
gewünscht hatte, im ein und vierzigsten Jahre seines Alters,
nach einer Negierung von zwey Jahren, zwey Monaten
und zwanzig Tagen.
Die Liebe, welche TituS von allen Standen seine»
Reiches erworben hatte, erleichterte die Thronfolge seines
Bruders Domitian, ungeachtet der Besorgnisse , die sein
Charakter erregte. Sein Ehrgeiz war zu wohl bekannt,
und sein'Stolz zeigte sich gleich nach seiner Erhebung,
ntdein er erklärte, er habe das Reich seinem Vater und
seinem Bruder gegeben, und nähme es jetzt als sein Ei¬
genthum wieder an.
Indessen war der Anfang seiner Regierung dem Volke
dennoch ungemein erfteulich, da er sich gleich gnädig, frey¬
gebig und gerecht bewies. Er gieng in seinem Abscheu vor
aller Grausamkeit so weit, daß er einst verbot, einen Och¬
sen zu spfern. Er war so freygebig, daß er die Ver¬
mächtnisse, welche ihm von denen, die selbst Kinder hat^
ten, hinterlassen waren, nicht annehmen wollte. Seine
Liebe zur Gerechtigkeit beschäftigte ihn oft, die Urtheile zu
untersuchen, die von den gewöhnlichen Richtern gesprochen
waren. Er bewiest sich sehr sorgfältig und freygebig, die
Büchersammlungrn, welche verbrannt waren, wieder her-