Full text: Deutsches Lesebuch für die oberen Abtheilungen ein- und mehrklassiger Elementarschulen in der Stadt und auf dem Lande

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Augenblitke, als cs die Schale verließ, 15" 3'" maß. Aus den 15 Eiern krochen 
indessen nur 8 Schlangen ans; die andern waren entweder von der Mutter 
zcrdrükkt worden, oder sonst von fehlerhafter Beschaffenheit gewesen. 
Nach dem Auskriechen tranken die Jungen sogleich und badeten stch mehrere 
Male; ehe sie aber ihre Haut verloren, was 12 bis 14 Tage nachher erfolgte, 
nahmen sie keine Nahrung zu sich. 
Während der ganzen Brutzeit hatte die alte Schlange keine Nahrung zu sich 
genommen und erst am Morgen deö 3. Juli das Verlangen danach bezeugt. Sie 
fraß nun mehrere Pfund Fleisch und verließ jetzt ihre Lage, indem sie sich 
langsam und im Verhältniß zu dem Auskriechen ihrer Jungen aus ihrer bis¬ 
herigen schnekkenförmigen Lage loSwand. Von nun an schenkte die Mutterschlange 
ihren Jungen keine Beachtung mehr. 
Die Farbe der Flekken auf der Haut der Jungen ist viel matter, als die 
der Erwachsenen, welche sehr glänzend ist und wie die feinste eingelegte Arbeit 
aussieht. 
Der Biß dieser Schlangen ist nicht giftig; sie werden nur durch die außer¬ 
ordentliche Stärke ihres Körpers gefährlich. Man kann ihnen aber dieselbe 
nehmen, wenn man ihnen den Schwanz abhaut, wodurch ihnen, da sie sich nun 
nicht mehr an den Boden anklammern können, alle Kraft benommen wird. 
Die Klapperschlange. 
Die Klapperschlange ist die gesürchtctste unter allen Schlangen. Am kennt¬ 
lichsten ist sie durch die Rassel oder Klapper an ihrem Schwänze, welche gewöhnlich 
auS 18 bis 20 hornigen, in einander stekkenden Ringen, wovon bei jeder Häutung 
einer mehr wird, besteht. Alte Kolonisten in Amerika 'haben welche mit 41 
Klapperstükken getödtct. Das Geräusch, welches sie mit der Klapper macht, soll 
dem schnellen Ablaufen einer Taschenuhr, wobei alle Räder schnurren, gleichen. 
Ihr Gift ist sehr gefährlich, und um so gefährlicher, je heißer das Klima ist. 
Die Klapperschlange ist, wie fast alle Schlangen, ruhig und träge, kriecht langsam 
und beißt nur, wenn sic gereizt wird, oder wenn sie ein Thier tödtcn will, um es 
zu fressen. Merkwürdig ist die Wirkung, welche nach neueren Berichten die Blätter 
der weißen Esche auf die Klapperschlange haben sollen. Eine Klapperschlange, 
welche mit einem Zweige der weißen Esche berührt wurde, als sie eben zum 
Kampf gerüstet war, ließ augenblikklich ihren Kopf auf die Erde sinken, öffnete 
ihren Knäuel, krümmte und wand sich und schien in großer Angst, und als sie 
gar damit geschlagen wurde, steigerte sich ihre Unbehaglichkeit, und sie geberdcte 
sich, als ob sie sich gleich in die Erde bohren wollte, um der unangenehmen 
Berührung zu entgehen. 
Sonderbar ift's, daß dieses furchtbare Thier von Schweinen, Raubvögeln, ja 
selbst von Menschen gespeist wird, ohne daß sein Gift innerlich schadete. Selbst 
Europäer in Amerika schätzen das Fleisch der Klapperschlange dem vom Aal 
gleich und essen es gern. Nach Paris brachte man vor mehreren Jahren eine
	        
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