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20. Geh ohne Stab nicht durch den
Schnee,
Geh ohne Steuer nicht zur See,
Geh ohne Gottes Geist und Wort
Niemals aus deinem Hause fort.
Fr. Rückert.
21. Du hast zwei Ohren und einen
Mund;
Willst du's beklagen?
Gar vieles sollst du hören — und
Wenig drauf sagen.
Düs hast zwei Augen und einen
Mund;
Mach dir's zu eigen!
Gar manches sollst du sehen — und
Manches verschweigen.
Du Hastzwei Hände und einen Mund;
Lern es ermessen!
Zweie sind da zur Arbeit — und
Einer zum Essen.
ü " Fr. Rückert.
22. Tu, was jeder loben müßte,
Wenn die ganze Welt es wüßte;
Tu es, daß es niemand weiß,
Und gedoppelt ist sein Preis.
Fr. Rückert.
23. Was du tun sollst, tu
Ohne Rast und Ruh',
Sei's auch noch so schwer!
Doch was gegen Pflicht
Dich verlockt, tu nicht,
Lockt's auch noch so sehr!
Bodenstedt.
24. Ehre ist des Mannes Herz,
Demut führt uns himmelwärts,
Strenge, die sich selbst bezwingt,
Schafft im Leben, was gelingt;
Treu' umfaßt sie alle drei,
Lieb' und Frieden noch dabei.
Fr. v. Schlegel (1772—1829).
25. Blumen sind an jedem Weg zu
finden,
Doch nicht jeder weiß den Kranz zu
winden.
Anastasius Grün. (Graf v. Auersperg,
österreichischer Siaalsmintster,
geb. 1808, gest. 1876.)
26. Dein „Ja" sei lang bedacht, doch heilig,
Dein „Rein" sprich mild, doch nicht zu eilig,
So wird dein „Ja" den Freund erfreuen,
Das „Rein" dich selber niemals reuen.
Anastasius Grün.
27. Des Daseins Kelch kredenzt bald süß, bald herb den Trank,
Der herbe heilt oft den, der von dem süßen krank.
Anastasius Grün.
28. Das Leben wird, wie das Meerwasser, nicht eher ganz süß, als
bis es zum Himmel aufsteigt.
Anastasius Grün.
29. Kein Füllhorn, das von allen Schätzen regnet,
Ist reicher als die Mutterhand, die segnet.
Anastasius Grün.