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Schwere des Eises ein Stück von der Scholle ab, so daß die Befürchtung
nahe lag, auf diese Weise baldigst auch die Boote und das Haus zu
verlieren. Alle drei Boote wurden daher dicht zusammengestellt, und
der Rückzug ward endlich bis nach dem Mittelpunkte der Scholle be¬
werkstelligt. Die Mannschaft, in zwei Abteilungen getrennt, besetzte die
beiden Boote „Hoffnung" und „Bismarck", fest entschlossen, falls die¬
selben auch mit abgelöst werden sollten, in diesen Booten den letzten
Rettungsversuch zu unternehmen. Die übrigen, unter ihnen der Kapitän
und der Obersteuermann, zogen auch diesmal vor, so lange auf der
Scholle auszuharren, bis sie von derselben heruntergeworfen würden
Abermals brach ein großes Stück ab, und zwar dicht am Hause, und
entführte das hoch aufgestapelte Brennmaterial. Während nun alle
in jedem Augenblicke fürchteten, das Hansahaus vor ihren Augen zer¬
brechen zu sehen, schloffen sich die Schollen wieder näher aneinander,
die hohe See nahm auf diese Weise ab, und die Unglücksgefährten be¬
fanden sich unversehens wieder inmitten zusammenhängender Eisschollen.
Die Gefahr war also vorüber; die Boote waren gerettet, das Haus
blieb unversehrt. Bald wurde auch die nötige Ordnung in der noch
übrig gebliebenen Ansiedelung wiederhergestellt. Aber nicht lange sollte
die erfreuliche Ruhe andauern. In der Nacht vom 14. zum 15. Januar
verkündete die Wachmannschaft, daß das Hansahaus gebrochen sei. Ihre
bisherigen Insassen waren also obdachlos geworden. Auch das große
Boot, welches auf dem abgebrochenen Eisstücke stand, mußte aufgegeben
werden. Ein Teil der Mannschaft flüchtete, da man sich dem Ungestüm
der Witterung nicht länger auszusetzen vermochte, in die beiden zurück¬
gebliebenen Boote; wer keinen Platz mehr darin erhielt, legte sich auf
den Schnee, war bald vollständig eingeschneit und fand auf diese Weise
einigen Schutz. Am folgenden Morgen wurde zunächst das große Boot,
das glücklicherweise ganz in der Nähe festgehalten worden war, auf die
Scholle gezogen und durch ein kleines Verdeck zu einem leidlichen Obdache
hergerichtet. Als die Witterung sich nach einigen Tagen günstiger ge¬
staltete, wurden die Überbleibsel des Hauses nebst dem Proviante aus
dem Schnee herausgegraben, und man erbaute ein zweites, aber freilich
viel kleineres Haus, weil es an hinlänglichem Kohlen- und Holzvorrate
fehlte. Die Scholle hatte jetzt nur noch einen Umfang von 200 Schritt.
Der Februar brachte günstigeres Wetter, und die Scholle trieb ungestört
südwärts der grönländischen Küste zu. Vergeblich hofften die Schollen¬
bewohner hier an der Küste ein menschliches Wesen zu erblicken; doch
schien es, als sollten sie unter diesem Breitengrade bleiben; denn die
Scholle trieb fast einen vollen Monat im Kreise herum, bis ein Sturm
sie einen Grad südlicher brachte. Der März und April waren auf diese
Weise vergangen; es kam der Mai. Da sich jetzt unter der Mannschaft
einzelne Krankheitserscheinungen zeigten, und die Kälte merklich nach-