Full text: [Teil 4, [Schülerbd.]] (Teil 4, [Schülerbd.])

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mit ihrer eigenen äußern Erscheinung verglich. Ohne irgendwie sich be¬ 
leidigt zu fühlen, antwortete sie auf diese Blicke mit treuherziger Miene: 
„Dat is allens ehrlich Geld, kein Sösling (Sechsling) is up unrechte 
Wiis datwischen kaamen; gewiß, ick will nich de reine Saak verdarben, 
Se köhnt et darum getrost annehmen." Einer der Anwesenden sprach 
in herzlicher Weise ihr zu, daß gewiß jeder von solchen Gedanken ferne 
sei; doch da sie selbst gewiß manchmal irdische Sorge zu tragen habe 
und viele Entbehrungen, so sei es um so mehr zu verwundern, daß sie 
eine solche Summe abgebe, die doch wohl ihr ganzes Vermögen sei, und 
man wisse nicht, ob man recht daran thue, das Geld von ihr anzu¬ 
nehmen. Die Bäuerin schwieg einen Augenblick still, als besänne sie sich, 
ob sie ein Weiteres antworten solle; dann sah sie die Umstehenden der 
Reihe nach an und sagte: „Et geiht ja Keenen wat an, up welke Wiis 
das Geld tosamen kaamen is; ick dach ock, dat ick mien Gedanken bi mi 
beholen wull, wat mi dör't Hart gähn is, wenn ick so een Stück Geld 
nah't andre bi Sied leggt hev, doch de Herrn sünd ja so stündlich gegen 
de ohle Fru und nehmt sick ja ok de Möh vor uns Saak, un hevt Mohd 
för uns Saak, da will ick Se 't denn fort verteilen. Ja, ick hev mennig 
Sorg up min Hare dragen, un is ok mennig Dag weßt, wo et recht 
knapp hergieng, und dat warrt noch mehr kaamen, wenn man öller warrt; 
doch dat allens kummt von use Herrgott und he hett et mi ock drägen 
helpen und warrt mi nich vertaten, so dat ick doch mein Freid beholen 
kann an dat, wat ick in de sware Stund mi utdacht hev. Mien Mann 
is all veele, veele Jahre dood; ick har en eenzigen Söhn und mien 
Johann frei sick up de Tid, wo he sien Mudder up ehr Oeller plegen 
kun; he wurr en kräftigen Burssen und de Welt stund em apen, und 
leert har he sien Saak ok; avers he wull doch sien Mudder nich ver¬ 
taten. Da kam de Kriegstid mit de Dänen. Na dat Gesetz is ja de 
eenzige Söhn von ehn Weetfru (Witwe) fri von Soldatenwarn, so blev 
he denn ok to Huus un keen Minsch säh to em: „„Kumm mit!"" se 
wußten, wo swar et em wurr, dat he nich mittrecken (mitziehen) kunn, 
un se wulln em dat Hart nicht noch swarer maken. Ick hev et wull 
markt, wie et cm dat Hart affreet (abfraß, nagte), wenn he so vertellen 
hör von den Krieg, un wenn et em keen Ruh leet, da he de Afsisen 
(Zeitung) kreeg in de Stadt oder bien Scholmester; aber he säh nix to 
mi, un ick säh nix to em. Herr Gott! wer dach denn ok daran, dat 
dat en so lange trurige Geschichte warrn schull, sik gegen dat Unrecht to 
wehrn! Da kem de Nachricht von Frederiz. Dat wär en schreckliche 
Abend! Wi seeten still eenander gegenüber, en jeder wuß wull, wat in 
den andern sien Hart vörging, da stun he up, as wen he sick en Hart 
säten wull und säh: „„Mudder""-Gott sie Dank, dat ick de Kraft 
harr in den Ogenblick em entgegen to kaamn: „„Johann"" — säh ick, 
„„uns Tid is kaamen, gah mit Gott! ik hev et lang markt, wat du denkst, 
du heft mi leev, un Gott weet, wat ut mi warrt, wann ick alleen sien 
schall; aber uns Herr Christus hett et ja to uns Beid seggt: wie schöllt 
dat Recht mehr leev hebben, as Vadder un Mudder, un he wart mi 
und die nich vertaten!"" Da wär et dann beslaten: Johann wull sick fri- 
willig stelln. De Dag to Asteis keem: — wat schall ick lang davon
	        
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