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sonne lag warm auf dem Tale, die Kamine rauchten freundlich, ein—
zelne Rufe klangen herüber. Bald befand ich mich bei den ersten
Häusern, ich fragte nach dem Pfarrhofe, und die Leute, welche an
meinen Augen und meiner Nase erkannten, daß ich zu dem Ge—
schlechte der Lee gehöre, fragten mich, ob ich vielleicht ein Sohn des
verstorbenen Baumeisters sei.
So gelangte ich zu der Wohnung meines Oheims, welche von dem
rauschenden Flüßchen bespült und mit großen Nußbäumen und einigen
hohen Eschen umgeben war; die Fenster blinkten zwischen dichtem
Aprikosen- und Weinlaube hervor, und unter einem derselben stand
mein dicker Oheim in grüner Jacke, ein silbernes Waldhörnchen, in
welchem eine Zigarre rauchte, im Munde und eine Doppelflinte in
der Hand. Ein Flug Tauben flatterte ängstlich über dem Hause
und drängte sich um den Schlag, mein Oheim sah mich und rief
sogleich: „Ha ha, da kommt unser Neffe! Das ist gut, daß du da
bist, schnell herausspaziert!“ Dann sah er plötzlich in die Höhe,
schoß in die Luft, und ein schöner Raubvogel, welcher über den Tauben
gekreist hatte, fiel tot zu meinen Füßen. Ich hob ihn auf und trug
ihn, durch diesen tüchtigen Empfang angenehm begrüßt, meinem
Oheim entgegen.
In der Stube fand ich ihn allein neben einer langen Tafel, die
für viele Personen gedeckt war. „Eben kommst du recht!“ rief er,
„wir halten heute das Erntefest, gleich wird das Volk da sein!“
Dann schrie er nach seiner Frau, sie erschien mit zwei mächtigen
Weingefäßen, stellte sie ab und rief: „Ei ei, was ist das für ein
Bleichschnabel, für ein Milchgesicht? Warte, du sollst nicht mehr fort,
bis du so rote Backen hast wie dein seliger Vater! Wie geht's der
Mutter, was ist das, warum kommt sie nicht mit?“ Sogleich rich⸗
tete sie mir an der Tafel ein vorläufiges Mahl zu und schob mich,
als ich zögerte, ohne weiteres auf den Stuhl und befahl mir, stracks
zu essen und zu trinken. Indessen näherte sich Geräusch dem Hause,
der hohe Garbenwagen schwankte unter den Nußbäumen heran, daß
er die untersten Aste streifte, die Söhne und Töchter mit einer
Menge anderer Schnitter und Schnitterinnen gingen nebenher unter
Gelächter und Gesang; der Oheim, seine Flinte reinigend, schrie ihnen
zu, ich wäre da, und bald fand ich mich mitten im fröhlichen Ge—
lümmel. Erst spät in der Nacht legte ich mich zu Bette bei offenem
Fenster; das Wasser rauschte dicht unter demselben, jenseits klapperte
eine Mühle, ein majestätisches Gewitter zog durch das Tal, der Regen
klang wie Musik und der Wind in den Forsten der nahen Berge
wie Gesang; und die kühle erfrischende Luft atmend schlief ich so—
zusagen an der Brust der gewaltigen Natur ein. —