Der Stichling. 261
meergrün. Es kam nun ein wundersames Gefühl über ihn,
ein Drang, wie ihn der Zugvogel spürt, oder wie er uns
Menschenkinder ergreift in der Fremde. So begab er sich
denn mit seinen Brüdern auf die Wanderschaft. In mächtigen
Zügen schwärmten die Stichlinge an der Küste entlang,
schwammen in die Mündung des Stromes ein und zogen am
Ufer entlang der Strömung entgegen. Kam ein kleiner Fluß
oder ein Bach, so teilte sich der Schwarm, eine Abteilung
schwenkte vom Heere ab, und so wurde er immer kleiner.
Unser Stichling kam zuletzt in einen breiten Graben und
stöberte hier in allen Ecken und Winkeln herum. Er wurde
fast zum Einsiedler. Ja, man hätte ihn einen Träumer nennen
können; denn man sah ihn oft unbeweglich auf einem Flecke
stehn und den Erdboden betrachten.
Eines Morgens sehen wir ihn bei einer wunderbaren
Beschäftigung; er liegt mit dem Bauche im Schlamme und
dreht und wendet sich nach allen Seiten. Bald scheuert er
den Boden mit der linken Seite, bald mit der rechten, und
schließlich hat er eine sauber geglättete Mulde fertig. Nun er¬
hebt er sich, um sein Werk zu betrachten und zu verschnaufen.
Da er aber merkt, daß einige andre Stichlinge um ihn herum
schwärmen und ihm zuschauen, packt ihn ein gewaltiger Zorn.
Kehle und Brust färben sich blutrot, und mit funkelnden Augen
und gespreizten Stacheln schießt er wütend auf die neugierigen
Kameraden los und jagt sie in die Flucht. Nun arbeitet er
unablässig und unermüdlich weiter. Er zerrt an den Wasser¬
pflanzen, pflückt Blattstücke ab, sammelt Zweiglein vom
Boden und trägt sie nach seiner Grube, und bald wölbt
sich darüber ein kuppelförmiges Dach, das er mit seinem
Speichel zusammengeleimt hat. So hat er ein schönes Haus,
sicher angelegt, anheimelnd eingerichtet und dabei luftig und
frisch; denn an jedem Ende führt eine offne Tür hinein,
die dem Wasser freien Durchzug gestattet. Der stolze Bau
erregt aber auch den Neid seiner Genossen, und er muß