Full text: [Theil 3, [Schülerbd.]] (Theil 3)

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der günstigern Wirkung willen, damit bekleidet und ausgeschmückt ge¬ 
sehen hätte. 
Kaum waren die Pforten des großen Saals hinter diesen Ge¬ 
stalten wieder geschlossen, so eilte ich auf meinen vorigen Platz, der, 
von andern bereits eingenommen, nur mit einiger Noth mir wieder 
zu Theil wurde. 
Es war eben die rechte Zeit, daß ich von meinem Fenster 
wieder Besitz nahm; denn das Merkwürdigste, was öffentlich zu er¬ 
blicken war, sollte eben vorgehen. Alles Volk hatte sich gegen den 
Römer zu gewendet, und ein abermaliges Bivatschreien gab uns zu 
erkennen, daß Kaiser und König an dem Balconsenster des großen 
Saales in ihrem Ornate sich dem Volke zeigten. Aber sie sollten 
nicht allein zum Schauspiel dienen, sondern vor ihren Augen sollte 
ein seltsames Schauspiel vorgehen. Vor allen schwang sich nun der 
schöne schlanke Erbmarschall auf sein Roß; er hatte das Schwert ab¬ 
gelegt, in seiner Rechten hielt er ein silbernes gehenkeltes Gemäß 
und ein Streichblech in der Linken. So ritt er in den Schranken 
auf den großen Haserhaufen zu, sprengte hinein, schöpfte das Gefäß 
übervoll, strich es ab und trug es mit großem Anstande wieder zu¬ 
rück. Der kaiserliche Marstall war nunmehr versorgt. Der Erb¬ 
kämmerer ritt sodann gleichfalls ans jene Gegend zu und brachte ein 
Handbecken nebst Gießfaß und Handquele zurück. Unterhaltender aber 
für die Zuschauer war der Erbtruchseß, der ein Stück von dem ge- 
bratncn Ochsen zu holen kam. Auch er ritt mit einer silbernen 
Schüssel durch die Schranken bis zu der großen Bretterküche und 
kam bald mit verdecktem Gericht wieder hervor, um seinen Weg nach 
dem Römer zu nehmen. Die Reihe traf nun den Erbschenken, der 
zu dem Springbrunnen ritt und Wein holte. So war nun auch 
die kaiserliche Tafel bestellt, und aller Augen warteten auf den Erb¬ 
schatzmeister, der das Geld auswerfen sollte. Auch er bestieg ein 
schönes Roß, dem zu beiden Seiten des Sattels anstatt der Pistolen¬ 
halftern ein paar prächtige mit dem kurpfälzischen Wappen gestickte 
Beutel befestigt hiengen. Kaum hatte er sich in Bewegung gesetzt, 
als er in diese Taschen griff und rechts und links Gold- und Silber¬ 
münzen freigebig ausstreute, welche jedesmal in der Lust als ein me-' 
tallener Regen gar lustig glänzten. Tausend Hände zappelten augen¬ 
blicklich in der Höhe, um die Gaben aufzufangen; kaum aber waren 
die Münzen niedergefallen, so wühlte die Masse in sich selbst gegen 
den Boden und rang gewaltig um die Stücke, welche zur Erde 
mochten gekommen sein. Da nun diese Bewegung von beiden Seiten 
sich immer wiederholte, wie der Geber vorwärts ritt, so war es 
für die Zuschauer ein sehr belustigender Anblick. Zum Schlüsse gieng 
es am allerlebhaftesten her, als er die Beutel selbst auswarf und 
ein jeder noch diesen höchsten Preis zu erhaschen trachtete. 
Die Majestäten hatten sich vom Balcon zurückgezogen, und nun 
sollte dem Pöbel abermals ein Opfer gebracht werden, der in solchen
	        
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