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ist leicht, die Gefahr dringend. Du bist hier nothwendig, und wohin
willst du fliehen?' — ^Hierdurch will ich mich retten, wo Gott
selbst ^den siegreichen Türken den Weg gebahnt hat!' sprach der
von Schmerz überwältigte Mann und drängte sich durch einen
Riß der Mauer in die Stadt. Viele „seiner Landsleute folgten
ihm, und Constnntinopel war verloren. Übermannt, zurückgedrängt
von den Außenwerken, flohen die Griechen gegen die innere
Mauer. Schon vernahmen die zitternden Bürger das siegreiche
Allah, und ach, schon war Constantinopel nicht mehr. Nur, wo
der Kaiser stand, war noch ein Kampf gewesen. Die Edelsten und
Besten seines Reichs drängten sich um ihn. Er bat sie, ihn zu
todten, daß er nicht lebend in der Ungläubigen Hände falle, und
warf den Purpur weg, um unerkannt unter seinen Mitstreitern
zu fallen. Alle starben hier den männlichen Tod, aber kein Feind
rühmte sich, den Kaiser getödtct zu haben; sein Körper lag unter
seinen erschlagenen Geführten, und ringsum türmte sich ein Hügel
von feindlichen Leichen. Soll ich die Schrecknisse schildern, die
jetzt folgten? das Angstgeschrei der Fliehenden, die Streiche der
erbarmungslosen Wuth, die Blässe des Entsetzens, den tausend¬
stimmigen Jammer der Verzweiflung? Die Häuser standen verlassen;
wehrlos zitternd, wie verscheuchte Schafe, drängten sich die un¬
glücklichen Bewohner in den Straßen und Plätzen, oder füllten
die Tempel, um an den heiligen Altären eine Freistätte zu suchen;
umsonst! alles schwamm in Blut, und was dem Mordschwerte
entgieng, wurde der Raubsucht Opfer. Sich selbst nur die Ge¬
bäude vorbehaltend, hatte Mohamed die Schätze Constantinopel's
sammt ihren Eigenthümern seinen stürmenden Soldaten geschenkt,
und sie eilten, dieses frevlerische Geschenk zu gebrauchen. Alle Kost¬
barkeiten der Stadt, die Meisterwerke griechischer Kunst und Pracht
wanderten, viele zertrümmert, nach dem türkischen Lager, und bald
kehrten die Räuber zurück, sich der Geplünderten selbst neben ihrer
Habe zu versichern. Ohne Rücksicht des Standes und des Alters,
ohne Schonung der heiligsten Bande der Natur und des Herzens,
so wie der Zufall, das Recht der ersten Ergreifung, oder das
Machtwort eines Stärkern sie austheilte, sahen die unglücklichen
Griechen sich von gefühllosen Tyrannen in die Sklaverei geschleppt.
Man band sie zusammen wie verächtliche Thiere. Das edle Mäd¬
chen mit dem Manne des Pöbels, der Patrizier mit dem niedrigsten
Knechte, die Nonne mit dein Galeerensklaven zusammengekoppelt,
fühlten der nämlichen Geisel Hiebe. Der Geliebte wurde getrennt
von der weinenden Braut, der Freund vom Freunde; des alten
Vaters Armen entwand man den Sohn, und die Mutter, die
ängstlich nach der geliebten Tochter blickte, sah sie, von sich weg¬
gerissen, in einen fernen unbekannntcn Kerker ziehen. Vieleil gab
die Verwirrung Hoffnung zur Flucht. Ganze Scharen knieten ans
dem Strande und beschworen die wegrudernden Schiffer, sie in