Full text: [Theil 3, [Schülerbd.]] (Theil 3)

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ist leicht, die Gefahr dringend. Du bist hier nothwendig, und wohin 
willst du fliehen?' — ^Hierdurch will ich mich retten, wo Gott 
selbst ^den siegreichen Türken den Weg gebahnt hat!' sprach der 
von Schmerz überwältigte Mann und drängte sich durch einen 
Riß der Mauer in die Stadt. Viele „seiner Landsleute folgten 
ihm, und Constnntinopel war verloren. Übermannt, zurückgedrängt 
von den Außenwerken, flohen die Griechen gegen die innere 
Mauer. Schon vernahmen die zitternden Bürger das siegreiche 
Allah, und ach, schon war Constantinopel nicht mehr. Nur, wo 
der Kaiser stand, war noch ein Kampf gewesen. Die Edelsten und 
Besten seines Reichs drängten sich um ihn. Er bat sie, ihn zu 
todten, daß er nicht lebend in der Ungläubigen Hände falle, und 
warf den Purpur weg, um unerkannt unter seinen Mitstreitern 
zu fallen. Alle starben hier den männlichen Tod, aber kein Feind 
rühmte sich, den Kaiser getödtct zu haben; sein Körper lag unter 
seinen erschlagenen Geführten, und ringsum türmte sich ein Hügel 
von feindlichen Leichen. Soll ich die Schrecknisse schildern, die 
jetzt folgten? das Angstgeschrei der Fliehenden, die Streiche der 
erbarmungslosen Wuth, die Blässe des Entsetzens, den tausend¬ 
stimmigen Jammer der Verzweiflung? Die Häuser standen verlassen; 
wehrlos zitternd, wie verscheuchte Schafe, drängten sich die un¬ 
glücklichen Bewohner in den Straßen und Plätzen, oder füllten 
die Tempel, um an den heiligen Altären eine Freistätte zu suchen; 
umsonst! alles schwamm in Blut, und was dem Mordschwerte 
entgieng, wurde der Raubsucht Opfer. Sich selbst nur die Ge¬ 
bäude vorbehaltend, hatte Mohamed die Schätze Constantinopel's 
sammt ihren Eigenthümern seinen stürmenden Soldaten geschenkt, 
und sie eilten, dieses frevlerische Geschenk zu gebrauchen. Alle Kost¬ 
barkeiten der Stadt, die Meisterwerke griechischer Kunst und Pracht 
wanderten, viele zertrümmert, nach dem türkischen Lager, und bald 
kehrten die Räuber zurück, sich der Geplünderten selbst neben ihrer 
Habe zu versichern. Ohne Rücksicht des Standes und des Alters, 
ohne Schonung der heiligsten Bande der Natur und des Herzens, 
so wie der Zufall, das Recht der ersten Ergreifung, oder das 
Machtwort eines Stärkern sie austheilte, sahen die unglücklichen 
Griechen sich von gefühllosen Tyrannen in die Sklaverei geschleppt. 
Man band sie zusammen wie verächtliche Thiere. Das edle Mäd¬ 
chen mit dem Manne des Pöbels, der Patrizier mit dem niedrigsten 
Knechte, die Nonne mit dein Galeerensklaven zusammengekoppelt, 
fühlten der nämlichen Geisel Hiebe. Der Geliebte wurde getrennt 
von der weinenden Braut, der Freund vom Freunde; des alten 
Vaters Armen entwand man den Sohn, und die Mutter, die 
ängstlich nach der geliebten Tochter blickte, sah sie, von sich weg¬ 
gerissen, in einen fernen unbekannntcn Kerker ziehen. Vieleil gab 
die Verwirrung Hoffnung zur Flucht. Ganze Scharen knieten ans 
dem Strande und beschworen die wegrudernden Schiffer, sie in
	        
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