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gen wissen sich's die Leute mit ihren unglaublich geringen Bedürf¬
nissen nach ihrer Weise ganz behaglich zu machen. Hängt man ein
Tuch oder einen Teppich im Innern auf, gleich ist ein besonderes
Zimmerchen gebildet, darin sich's gemütlich auf der lieben Mutter
Erde sitzt. Dort gibt's weder Stühle, noch Sofas. An ihrer Stelle
besitzt der Beduine den festen Erdboden, von dem inan nicht her¬
unterfallen kann, und den feilt Tischler und Polierer und Tapezierer
für gutes Geld zu hobeln und zu polstern braucht. Hat einmal ein
Stamm rings um sein Zeltdorf kein genügendes Futter für sein
Vieh und kein Wasser mehr, so wird schnell die kleine Stadt mit
ihren 20 bis 50 Zelten abgeschlagen, auf Kamele gepackt, und man
wandert weiter, bis sich ein passenderer Ort zur Niederlassung
findet; gerade so, wie einst die Erzväter taten, die das ganze Land
von Dan bis gen Bersaba, ja bis Ägyptenland hin mit ihren
großen Herden durchkreuzt haben.
3. Von Speise und Trank.
In diesenr Stück ist das Landvolk in Palästina ungemein ein¬
fach. Ein Stück Brot und eilt Trunk frischen Wassers ist im all¬
gemeinen für jeden genug. Kann der Landmann sein Brot noch in
etwas Öl eintauchen, so gilt dies schon als besonders guter Bissen.
Auf großen Wüstenreisen nehmen die Beduinen gewöhnlich weiter
ttichts mit sich als das nötige Brot und einen Schlauch Wasser.
In einem Lande, wo die einzige Nahrung oft nur aus Brot besteht,
ist natürlich der Weizen die wichtigste Frucht. In der Erntezeit
dient er auch ungemahlen als Speise. Die vollen Ähren werden
auf einem Kohlenfeuer gebraten und dann ausgerieben, die Körner,
während man sie von einer Hand in die andere gleiten läßt, durch
Blasen von der Spreu gereinigt und dann gegessen. In unserer
deutschen Bibel heißt diese Speise Sangen. Wer seine biblische
Geschichte noch im Kopfe hat, wird sich erinnern, wie Jsai seinen
jüngsten Sohn David in das Heer Sauls sandte, das gegen die
Philister mit ihrem Goliath kämpfen sollte, um seinen Brüdern
ein Epha Sangen und zehn Brote zu bringen, dem Hauptmann
aber zehn frische Käse.
Wie damals, so wird auch heute noch in jeder ländlichen Haus¬
haltung täglich nicht nur frisches Brot gebacken, sondern auch
frisches Mehl gemahlen. Dazu benutzt man immer noch die Hand-
mühle, von der in der Bibel oft die Rede ist. Mit dem ersten
Hahnenschrei, noch lange, che der Morgen graut, muß die Frau
aufstehen, um das nötige Mehl zu mahlen. Das ist eine ermüdende
und gar langweilige Arbeit. Darum mußten meist die Geringsten
sie tun, bei den Armen die Frau selbst, bei Wohlhabenden die Magd.
Schon in Ägypten zu Moses Zeiten muß das so gewesen sein; denn
er sagt: „Alle Erstgeburt in Ägyptenland soll sterben von dem