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IV. FeMünge.
63. Sonntagsfrühe.
\. Der Samstag hub zum Sonntag an:
„Jetzt ruhn sie alle Nachbarsmann'.
Sie sind vom Schaffen her und hin
gar weidlich müd' an Seel' und Sinn;
mir selbst will's bald nicht bester gehn,
kann kaum noch auf den Beinen stehn."
2. Tr fpricht's, und von der Mitternacht
wird er nun auch ins Bett gebracht.
Der Sonntag spricht: „Jetzt ist's an mir!"
Gar heimlich schließt er seine Tür,
schlaftrunken noch und gar gemach
schwankt er den Sternlein hintennach.
3. Doch jetzt reibt er die Augen aus
und kommt der Sonn' an Tür und Haus;
sie schläft im stillen Kämmerlein.
Tr klopft und pocht am Fensterlein
und ruft ihr zu: „'s ist an der Zeit!"
Die Sonne sagt: „Bin auch bereit."
4. Und leise auf den Zehen geht
und heiter auf den Bergen steht
der Sonntag. Und das Tal entlang
schläft alles noch; mit stillem Gang
tritt er ins Dorf hinein und spricht
zum Hahne: „Du, verrat mich nicht!"
5. Wenn alles endlich ist erwacht,
geschlafen hat die ganze Nacht,
so steht er da im Sonnenschein,
guckt zu den Fenstern uns herein
mit seinen Augen, mild und gilt,
und mit dem Sträußchen auf dem Hut.
6. Drum meint er's treu, und was ich sag',
es freut ihn, wenn man schlafen mag
und meint, es sei noch dunkle Nacht,
wenn längst die Sonn' am Himmel lacht.
Drum kam er auch so leis heran
und sieht so lieblich jetzt uns an.
7. Wie glitzert rings auf Gras und Taub
vom Morgentau der Silberstaub!
Wie weht so frische Maienluft
voll Airschenblüt' und Schlehenduft!