Der Arme lag in seinem Bette. Mit einer Wange ruhte er
auf der Hand; seine blonden Locken bedeckten die andere. Als
er die bekannte Stimme seiner kleinen Freunde hörte, wendete er
die freundlichen Augen nach ihnen hin, und eine schwache Röte
flog über sein blasses Gesicht. Alwin und Theodor traten zu beiden
Seiten des Bettes, und jeder faßte eine seiner heißen Hände. Dann
legten sie die Geschenke, die sie mitgebracht hatten, schweigend
vor ihn hin. Er nickte ihnen dankend mit den Augenwimpern zu;
seine Lippen bewegten sich leise, aber man hörte nicht, was er sprach.
Das Spielzeug nahm er nicht in die Hand, aber die Blumen erfreuten
ihn. Mehrmals griff er nach ihnen, nahm sie in die Höhe, be¬
trachtete sie mit innigem Wohlgefallen, legte sie hin und nahm sie
wieder. Plötzlich verlangte er mit Lebhaftigkeit aufzustehen und
ans Fenster gebracht zu werden, um die grünen Bäume zu sehen.
Man hob ihn aus dem Bette; er versuchte den Fuß auf den Boden
zu setzen und einige Schritte zu thun, aber umsonst; kraftlos sank
er sogleich in die Arme seines Vaters zurück. Dieser trug ihn
zum Fenster hin. Da hob der Knabe die hellen Augen zum
Himmel empor und freute sich der zarten, zerfließenden Wolken
und der grünen Bäume, in deren Schatten er so oft gesessen hatte.
Einige Augenblicke darauf verlangte er wieder nach seinem Bette.
Jetzt fielen einige Strahlen der untergehenden Sonne auf die Wand
des Zimmers. Karl wünschte sein Bett dorthin gerückt zu sehen. Die
Eltern erfüllten seinen Wunsch, und die Kleinen waren geschäftig,
zu. helfen und das Bett zu rücken, wie es dem Kranken recht war.
Da nun die Sonnenstrahlen auf das Bett fielen, wurde sein
Angesicht immer heiterer, und er sah die LTmstehenden lächelnd
an. Seine Arme hatte er vor sich ausgestreckt, so daß sie von
der Sonne beschienen wurden. Diese sank immer tiefer, und der
Abend wurde immer schöner. Da faßte der Kranke den Alwin
sanft bei der Hand und zog ihn zu sich, und indem er seinen
Arm ihm um den Nacken schlang, sprach er mit leiser Stimme:
«Ich sterbe mit der Sonne; aber sag’ es dem Vater und der Mutter
nicht!» Die Mutter hatte aber doch die leisen Worte ihres sterben¬
den Lieblings gehört. Sie warf sich neben seinem Bette auf die
Kniee, küßte ihn unter tausend Thränen und verhüllte ihr Gesicht.
«Weine nicht, liebe Mutter», sagte der Sterbende, «ich bin nicht
mehr krank.» — «Ich werde ja nicht im Grabe bleiben», setzte