Full text: (Für das 5. - 8. Hilfsschuljahr) (Teil 3, [Schülerbd.])

3. Da nahm der König eine ernsthaftere Sprache an. „Wißt 
Ihr auch, guter Mann, daß ich gar nicht nötig habe, viele Worte 
zu machen? Ich lasse Eure Mühle abschätzen und breche sie ab. 
Nehmt alsdann das Geld, oder nehmt es nicht!" Ta lächelte der 
unerschrockene Müller und erwiderte dem Könige: „Gut gesagt, aller¬ 
gnädigster Herr, wenn nur das Kammergericht in Berlin nicht wäre." 
Der König war ein gerechter Herr und könnte überaus gnädig sein; 
darum gefiel ihm die Herzhaftigkeit und Freimütigkeit dieser Rede. 
Von dieser Zeit an ließ er den Müller unangefochten und unterhielt 
mit ihm eine friedliche Nachbarschaft. 
Nach Johann Peter Hebel. (Schatzkästlein des Rheinischen Hausfreundes.) 
197. Friedrich und der Edelknabe. 
1. Ein preußischer General lvar in seiner Jugend Edelknabe 
an dem Hofe Friedrichs des Großen. Er hatte keinen Vater mehr, und 
seine Mutter nährte sich kümmerlich. Als guter Sohn wünschte er, 
sie unterstützen zu können; aber von seinem Gehalt ließ sich nichts 
erübrigen. Doch fand er endlich ein Mittel, etwas für sie zu er¬ 
werben. Jede Nacht mußte einer von den Edelknaben in dem Zimmer 
vor denr Schlasgemach des Königs wachen, um diesem aufzuwarten, 
wenn er etwas verlangte. Mattcheir war dies beschwerlich, und sie 
übertrugen daher, wenn die Reihe sie traf, ihre Wachen gern an 
andere. Der arme Edelknabe fing an, diese Wachen für andere zu 
übernehmen; sie wurden ihm vergütet, und das Geld, das er dafür 
erhielt, schickte er dann seiner Mutter. 
2. Einst konnte der König in der Nacht nicht schlafen und wollte 
sich etwas vorlesen lassen. Er klingelte, er rief; allein es kam niemand. 
Endlich stand er selbst auf und ging in das Nebenzimmer, um zu 
sehen, ob kein Page da wäre. Hier fand er beit guten Jüngling, der 
die Wache übernommen hatte, am Tische sitzen. Vor ihm lag ein 
Brief an seine Mutter, den er zu schreiben angefangen; allein er 
war darüber eingeschlafen. Der König trat leise hinzu und las den 
Anfang des Briefes, der so lautete; 
„Meine beste, geliebteste Mutter! Jetzt ist es nun schon die dritte 
Nacht, daß ich für Geld Wache halte. Beinahe kann ich es nicht mehr 
aushalten. Indes freue ich ntich, daß ich nun wieder zehn Taler für 
Dich verdient habe, die ich Dir hiermit schicke."
	        
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