72
7. Wie Hans auch den Stein los wurde.
Hans lud den Stein auf und ging mit vergnügtem Herzen weiter;
seine Augen leuchteten vor Freude. „Ich muß ein Glückskind sein," rief
er ans, „alles, was ich wünsche, trifft mir ein!" Weil er aber feit
Tagesanbruch auf den Beinen gewesen war, begann er müde zu werden;
auch plagte ihn der Hunger, da er in der Freude über die erhandelte Kuh
allen Vorrat auf einmal aufgezehrt hatte. Er konnte endlich nur mit
Miihe weitergehen und mußte jeden Augenblick Halt machen; dabei drückten
ihn die Steine ganz erschrecklich. Da konnte er den Gedanken nicht los
werden, wie gut es wäre, wenn er sie gerade jetzt nicht zu tragen brauchte.
Wie eine Schnecke kam er zu einem Feldbrunnen geschlichen, wollte da
ruhen und sich mit einem frischen Trünke laben. Damit er aber die Steine
im Niedersetzen nicht beschädigte, legte er sie bedächtig neben sich auf den
Rand des Brunnens. Darauf setzte er sich nieder und wollte sich zum
Trinken bücken. Da versah er's, stieß ein klein wenig an, und beide
Steine plumpsten hinab. Als Hans sie mit seinen Augen in die Tiefe
hatte versinken sehen, sprang er vor Freuden auf — und dankte Gott
mit Tränen in den Augen, daß er ihm auch diese Güte noch erwiesen
und ihn ans eine so gute Art von den schweren Steinen befreit habe, die
ihm nur allein noch hinderlich gewesen wären. „So glücklich wie ich",
rief er aus, „gibt es keinen Menschen unter der Sonne!" Mit leichtem
Herzen und frei von aller Last sprang er nun auf und eilte fort, bis er
daheim bei seiner Mutter war. Brüder Grimm.