Full text: [Teil 3 = Quinta, [Schülerband]] (Teil 3 = Quinta, [Schülerband])

Grimm: Sechse kommen durch die ganze Welt. 
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„Es soll ihm aber nicht gelingen," sprach der mit dem Hütchen; 
„ich will einen Frost kommen lassen, vor dem sich das Feuer schämen 
und verkriechen soll." Da setzte er sein Hütchen gerade, und alsobald 
fiel ein Frost, daß alle Hitze verschwand und die Speisen auf den 
Schüsseln anfingen zu frieren. Als nun ein paar Stunden herum 
waren und der König glaubte, sie wären in der Hitze verschmachtet, 
ließ er die Thüre öffnen und wollte selbst nach ihnen sehen. 
Aber wie die Thüre aufging, standen sie alle sechse da, frisch und 
gesund, und sagten, es wäre ihnen lieb, daß sie heraus könnten, sich 
zu wärmen, denn bei der großen Kälte in der Stube frören die Speisen 
an den Schüsseln fest. Da ging der König voll Zorn hinab zu dem 
Koch, schalt ihn und fragte, warum er nicht gethan hätte, was ihm 
wäre befohlen worden. Der Koch aber antwortete: „Es ist Glut 
genug da, seht nur selbst!" Da sah der König, daß ein gewaltiges 
Feuer unter der Eisenstube brannte, und merkte, daß er den sechsen 
auf diese Weise nichts anhaben könnte. 
Nun sann der König aufs neue, wie er der bösen Gäste los 
würde, ließ den Meister kommen und sprach: „Willst du Gold nehmen 
und dein Recht auf meine Tochter aufgeben, so sollst du haben, so 
viel du willst." „O ja, Herr König," antwortete er; „gebt mir so 
viel, als mein Diener tragen kann, so verlange ich Eure Tochter nicht." 
Das war der König zufrieden, und jener sprach weiter: „So will ich 
in vierzehn Tagen kommen und es holen." 
Darauf rief er alle Schneider aus dem ganzen Reich herbei, die 
mußten vierzehn Tage lang sitzen und einen Sack nähen. Und als 
er fertig war, mußte der Starke, welcher Bäume ausrupfen formte1^ v 
den Sack auf die Schulter nehmen und mit ihm zu dem König gehen. 
Da sprach der König: „Was ist das für ein gewaltiger Kerl, der den 
hausgroßen Ballen Leinwand auf der Schulter trägt?" erschrak und 
dachte: „Was wird der für Gold wegschleppen!" 
Da hieß er eine Tonne Gold herbringen, die mußten sechzehn der 
stärksten Männer tragen; aber der Starke packte sie mit einer Hand, 
steckte sie in den Sack und sprach: „Warum bringt ihr nicht gleich mehr? 
das deckt ja kaum den Boden." Da ließ der König nach und nach 
seinen ganzen Schatz herbeitragen, den schob der Starke in den Sack 
hinein, und der Sack ward davon noch nicht zur Hälfte voll. „Schafft mehr 
herbei," rief er, „die paar Brocken füllen nicht!" Da mußten noch 
siebentausend Wagen mit Gold in dem ganzen Reich zusammengefahren 
werden, die schob der Starke samt den vorgespannten Ochsen in seinen Sack. 
„Ich will's nicht lange besehen," sprach er, „und nehmen, was 
kommt, damit der Sack nur voll wird." Wie alles darin stak, ging doch 
V « l d a m u s , Deutsches Lesebuch, Ausg. 6. Quinta, 2. Aufl. 3
	        
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