Der Schwarzwald.
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Winter über, werden die stattlichen Kiefern, Fichten und Weißtannen
gefällt und in eigens hierzu eingerichteten Rinnen oder „Riesen" in
pfeilschnellem Schuß den Bergabhang hinuntergestürzt. Dann sammelt
man die zerstreut liegenden Stämme, verbindet sie an den durchbohrten
Enden und bringt sie zur Zeit der Schneeschmelze zu einem Floß ver¬
einigt in das Bergwasser, das die Last dem Rheine zuführen soll. Am
meisten geschieht dies auf der Kinzig, Murg und Enz, aber auch diesen
Flüssen muß man wie den kleineren, weniger wasserreichen Bächen durch
Schleusen und andere Einrichtungen, die ein Anschwellen des Wasser¬
laufs bewirken, zu Hilfe kommen. Aus devr Rheine nun werden die
verschiedenen Flöße bei Mannheim gesammelt, zum mächtigen Rheinfloß
vereinigt, das auf seinem Rücken eine Bemannung von oft 100 Köpfen
samt Küche, Bäckerei und Viehstall trägt und Holland zusegelt, wo die
Stämme bei dem Häuser- und Schiffbau verwendet werden. Doch hat,
seitdem fast allenthalben bequeme Abfuhrwege bis hoch ins Gebirge
angelegt und zahlreiche Eisenbahnlinien bis tief in die Täler hinauf¬
geführt worden sind, die Flößerei aus den Schwarzwaldbächen fast voll¬
ständig aufgehört und wird nur noch auf denr Rhein und Neckar in
größerem Umfang betrieben.
Im Schwarzwald selbst hat der Waldreichtum eure ausgebreitete
Holzindustrie hervorgerufen. Da fertigt inan Bürsten, Kübel, allerlei
Küchengerätschaften, Holzschuhe, Schachteln, geschnitzte Figuren; aber
die eigenttimlichste Industrie, die den Namen des Schwarzwaldes und
seines geschickten und fleißigen Volkes fast über die ganze Welt getragen
hat, ist die seit denr 17. Jahrhundert dort heimische Uhrenindustrie.
Anfänglich beschränkte sich diese auf die Anfertigung ganz aus Holz
bestehender Wanduhren, aber rasch hat sie sich vervollkommnet, und
neben den eigentlichen Schwarzwälderuhren, die nrit allerlei Künsteleien
und Spielereien versehen sind, wie die Kuckucks-, Trompeter- und
Wachteluhren, bringt der Schwarzwälder auch geschmack- und kunstvoll
gearbeitete Uhren (Stutzuhren, Regulatoren) in den Handel, die als
Luxusmöbel die Prunkzimmer zieren und dabei durch pünkliche
Genauigkeit sich auszeichnen. Hand in Hand mit dieser Industrie ging
die Anfertigung von Spieluhren, Drehorgeln und kunstvollen Musik¬
instrumenten, die man Orchestrions nannte. Richt minder bedeutend
ist endlich die Flechterei aus denr Stroh einheimischer Kornarten. Ihre
Vervollkommnung ist so weit gediehen, daß gewisse Erzeugnisse mit den
feinsten Florentiner Arbeiten wetteifern können.
3.
Wie die Beschäftigrurg der Schwarzwülder in Zusammenhang steht
nrit der Eigentümlichkeit ihrer Heimat, so auch der Charakter der