Der Schwarzwald.
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er selbst tüchtig Hand anlegt, so ist er doch außerdem aus die Hilfe der
Dienstboten angewiesen, die von ihm am Morgen unter dem Rufe:
„Ruus, Völker, 's tageret scho!" geweckt werden. Noch nüchtern trinkt
er ein Gläschen „Griesewasser" (Kirschwasser). Um neun Uhr bekommen
alle Hausgenossen das „Unterbrot" (Frühstück). Tüchtig hantiert die
Bäuerin um die Mittagszeit an der „Kunscht", und ist alles bereit,
dann begibt sich ein jedes auf den Ruf der Obermagd: „Rie zum
Esse!" hinein zur Mahlzeit.
Während in Bezug auf die Bauart und Einrichtung des Hauses
der Schwarzwälder noch fast überall an dem Herkommen festhält, hat
die Landestracht der Schwarzwülder Dorfbevölkerung schon allenthalben
der städtischen Kleidung weichen müssen. Nur hier und da ist sie noch
erhalten. Da trägt der Mann noch die Kniehose mit den sich an¬
schließender: Strümpfen und Schnallenschuhen, die hellfarbene, sehr oft
leuchtend rote, lange Weste, darüber den auch oft rot ausgefütterten
langen Rock oder die kürzere Jacke aus schwarzen, sammetartigen
Stoffen. Den Kops bedeckt ein in mannigfacher Form auftretender
schwarzer Filzhut. Bei den Frauen ist der bunte oder schwarze, reich¬
gefältelte kurze Rock, über dem Mieder die Jacke mit den puffigen
Ärmeln und der mit Rosen verzierte Strohhut oder ein aus reichem
Gold- und anderem Flitter zusammengesetzter hochragender Kopfputz die
übliche Tracht. In dieser Tracht erscheinen die Schwarzwälder Bauern
und Bäuerinnen bei ben Kirchweihen und Jahrmärkten, jenen Volks¬
festen, zu denen jung und alt aus den oft abgelegenen Höfen und
Häusern sich einfindet.
Das Volk im Schwarzwalde spricht die alemannische Mundart, die
wir aus Hebels Gedichten kennen, und werm wir bei einer Reise durchs
badische Oberland nach Schopfheim oder Hausen kommen, so können
wir die Sprache des „Rheinländischen Hausfreundes" aus dem Munde
des Volkes selbst vernehmen. Hebels Freunde und Verehrer sammeln
sich alljährlich an seinem Geburtstage (10. Mai) in „Hufe", und sobald
an diesem Tage das „Zügle" von „Schopfe" herein ist, setzt man sich
nieder zu einem fröhlichen „Mähli".
Der Schwarzwald ist heute wegen seiner mannigfaltigen Schön¬
heiten und der Eigenart seines Volkslebens eines der besuchtesten
Gebirge. Und wer nicht selbst seinen Fuß dahin gesetzt hat, der
ist mit den: Schwarzwälder doch vertraut, sei es durch Johann Peter
Hebel oder durch Bertold Auerbach, den Verfasser der Schwarzwälder
Dorfgeschichten, zwei Söhne jenes echt deutschen Stammes, der sich in
seiner Gebirgsheimat seine alten Tugenden treu bewahrt hat.