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Anhang.
Die Lilien
August Schnezler.
Im Mummelsee, im dunkeln See,
Da blühn der Lilien viele,
Sie wiegen sich, sie biegen sich.
Dem losen Wind zum Spiele;
Doch wenn die Nacht herniedersinkt.
Der volle Mond an: Himmel blinkt.
Entsteigen sie dem Bade
Als Jungfern ans Gestade.
Es braust der Wind, es sanst das Rohr
Die Melodie zum Tanze,
Die Lilienmädchen schlingen sich.
Als wie zu einem Kranze,
Und schweben leis umher im Kreis,
Gesichter weiß, Gewänder weiß.
Bis ihre bleichen Wangen
Mit zarter Röte prangen.
Es braust der Sturm, es saust das
Rohr,
Es pfeift in: Tannenwalde,
Die Wolken ziehn am Blonde hin.
Die Schatten auf der Halde,
im Mummelsee.
Gedichte. München 1833.
Und auf und ab, durchs nasse Gras,
Dreht sich der Reigen ohne Blaß,
Und immer lauter schwellen
Ans Ufer an die Wellen.
Da hebt ein Arni sich aus der Flut,
Die Riesenfaust geballet,
Ein triefend Haupt dann, schilf¬
bekränzt,
Von langem Bart umwallet.
Und eine Donnerstimme schallt,
Daß im Gebirg es wiederhallt:
„Zurück in eure Wogen,
Ihr Lilien ungezogen!"
Da stockt der Tanz — die Mädchen
schrein
Und werden immer blässer:
„Der Vater ruft! puh! Morgenluft!
Zurück in das Gewässer!" —
Die Nebel steigen aus dem Tal,
Es dämmert schon der Morgenstrahl,
Und Lilien schwanken wieder
Im Wasser auf und nieder.
|0. Burg Halkenstein im Höllentale.
Badisches Lesebuch. II. Teil. Lahr.
Wenn der Wanderer von Freiburg aus die Landstraße nach
Schwaben einschlägt, so führt sie ihn zuerst die ganze Länge des
freundlichen Dreisam- oder Kirchzartenertales hinauf, in das von der
Höhe eines stattlichen Hügels die Überreste der Burg Wisneck hinab¬
blicken, und dann gen Morgen weiter in das sogenannte Himmelreich.
Hier erfreut sich sein Auge am Anblicke der frischen Wiesengründe,
des brausenden Waldbaches und der unter Baumgruppen halb ver¬
steckten Höfe. Nach und nach wird das Tal enger; nur Nadelholz
bedeckt die Felsen, Granitblöcke hemmen den Bach, und wenig einsame-
Hütten finden sich noch da und dort in der Nähe der alten Wartturms¬
ruine, die man Neu - Falkenstein nennt. Schon im 13. Jahrhundert
beherrschte der Turm den damals nur für Fußgänger und Saumtiere
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