fullscreen: Lesebuch zur Geschichte der deutschen Literatur alter und neuer Zeit

210 Neudeuftsche Literatur. 
Gleichwie wenn der Winter stäubet, Aso gehts in jenen Landen, 
Und der Wiesen Zier zerschleifet, Wo zuvor die Reihen sangen 
Hagelt, schneiet, eiset, reifet, Und die Dörfer jauchzend sprangen, 
Und so aus den Triften treibet Ist jetzt Herzeleid vorhanden. 
Uns und unsre Schäfelein Schafe, Schäfer, Schäferin, 
In die strohern Hütten ein: Hirt und Heerden sind dahin. 
8. Ph. Harsdörffer. 
Das Maienblümlein. 
Wo des Schattens Fittich schwebet In dem stolzen Blumengarten 
Ob der Auen Sommerkleid, Findet man dergleichen nicht, 
Weinet zu der Winterzeit Darum hält dich mein Gedicht 
Was in diesen Triften lebet: Höher als die andern Arten. 
Unsrer Nymphen Wangen gießen Maienblümlein, deine Glocken 
Thränen gleich dem Bergkrystall, Sind zerspaltnen Perlen gleich 
Und von solcher Zähren Fall Der sich untersteht, entweich, 
Sieht man diese Blum entsprießen. Eins von diesen abzupflocken. 
9. Sigmund Birken. 
Lob des Schäferlebens. 
Wer in lieben Lebenstagen Was geht über kühlen Schatten, 
Segelt von der Sorgen Rand Der bei hohlen Felsen lauscht, 
Zu der Freudenzeit Behagen, Wenn uns Sonn' und Schritt abmatten 
Liebe Schaf' und Schäferstand, Und dort bei den Büschen bauscht? 
Hasse hochgeführte Dächer, Diesen können wir genießen, 
Und der Städte Goldgemächer. Und mit Lust die Rast versüßen. 
Unsrer Hürden Hirtenlust Unsrer Hürden Hirtenlust 
Ist noch vielen unbewußt. Ist noch vielen unbewußt. 
Wo ist fromm- und freies Rasten? Er darf Neid und Haß nicht dulden, 
Wo steht wahrer Freiheit Thron? Weil er Stadt und Hofart flieht; 
Wo glänzt helles Tugendglasten Nicht den scheelen Sorgen hulden, 
Und der Unschuld Perlenkron? Weil sein Thun auf Unschuld sieht, 
Nur ein freies Schäferleben Und was sonst für nütze Sachen, 
Kann die wahre Wollust geben. Die aus Schäfern Fürsten machen. 
Unsrer Hürden Hirtenlust Unsrer Hürden Hirtenlust 
Ist noch vielen unbewußt. Ist noch vielen unbewußt. 
10. Andreas Gryphius. 
(5. 75. Lehrb. . 689. Allg. Weltg. XII. 766 ff) 
1. Sonett. 
Es ist Alles eitel. 
Du siehst, wohin du siehst, nur Eitelkeit auf Erden. 
Was dieser heute baut, reißt jener morgen ein; 
Wo itzund Städte stehn, wird eine Wiesen sein, 
Auf der ein Schäfers Kind wird spielen mit den Heerden. 
Was itzund prächtig blüht, soll bald zertreten werden; 
Was itzt so trotzt und pocht, ist morgen Asch und Bein.
	        
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