Full text: (Für die fünfte Klasse) (Abteilung B, [Schülerband])

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Aus der Welt der Griechen und Römer. 
Äannibal traute zwar diesen Versprechungen nicht und traf, selbst als 
sie erfüllt wurden, alle möglichen Vorsichtsmaßregeln, um sich vor einem 
überfalle zu sichern; aber dennoch geriet er in die größte Gefahr, als 
er nach zwei Tagen in einer Bergschlucht, in die sie selber ihn geführt 
hatten, von den Galliern angegriffen wurde. Die Reiterei und die 
Elefanten, die ihm in dieser Gegend keinen Nutzen gewährten, hatte er 
voranziehen lassen; die Schwerbewaffneten bildeten, von ihn: selbst an¬ 
geführt, den Nachtrab. Diese Vorsicht allein rettete ihn vor einer 
gänzlichen Niederlage. Doch verlor er nicht wenig Mannschaft und 
Gepäck, indem die Gallier das Äeer von allen Seiten angriffen und 
ungeheure Felsenmassen herabwälzten; ja, er mußte die Nacht ge¬ 
trennt von der Reiterei zubringen, da der Feind sich mitten zwischen 
beiden Äeeresabteilungen gelagert hatte. Am folgenden Morgen zogen 
sich jedoch die Gallier allmählich zurück und wagten nur noch einzelne 
Angriffe, um hie und da etwas zu erbeuten. Am meisten fürchteten 
sie die Elefanten, deren ungewohnter Anblick sie so in Schrecken setzte, 
daß sie sich stets in weiter Ferne von ihnen zu halten suchten. 
So langte endlich am neunten Tage das Äeer auf dem Gipfel 
der Alpen an, wo es zwei Tage rastete, um sich von den Beschwerden 
des Marsches zu erholen; auch wollte man hier diejenigen erwarten, die 
sich verirrt hatten oder aus Erschöpfung hinter dem Zuge zurückgeblieben 
waren. Aber so viele Schwierigkeiten man nun schon überwunden 
hatte, so erfüllte doch der Schnee, der die Alpen bedeckte und der in 
der herbstlichen Jahreszeit in immer größeren Massen herabfiel, sowie 
der Gedanke, daß ein ebenso beschwerlicher Weg von den Bergen hinab 
noch bevorstehe, alle Truppen mit Mutlosigkeit. Nur die Schilderung, 
die ihnen Äannibal, auf die unter ihnen liegenden Gefilde hinweisend, 
von der Schönheit und Fruchtbarkeit Italiens, von der wohlwollenden 
Gesinnung der am Po wohnenden Gallier und von der Leichtigkeit, mit 
der man den Feind besiegen würde, zu machen wußte, vermochte sie 
wieder aufzurichten. 
Hierauf fing man an, das Gebirge hinabzusteigen, das nach Italien 
zu, wenn auch weniger ausgedehnt, doch desto steiler und abschüssiger 
ist, und so verloren, obwohl die Gallier nur unbedeutende Angriffe 
wagten, auf diesem Wege fast ebenso viele ihr Leben wie auf dem 
bisherigen Marsche. Die Menge des Schnees, der alles weit und breit 
bedeckte, so daß kein Pfad mehr sichtbar war, machte jeden Tritt un¬ 
sicher, und die Ausgleitenden stürzten sogleich in jähe Tiefen hinab, da 
sie an keinem Steine, an keinem Strauche sich festzuhalten vermochten. 
Welche Bestürzung ergriff aber die schon Ermattenden, als sie sich plötz-
	        
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