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3. O Straßburg, du feine,
Du wunderschöne Stadt,
4. O Straßburg, du feine,
Du wunderschöne Stadt,
Du Königin am Rheine,
Die lang geduldet hat!
Du sollst aufs neu erglänzen
In deutscher Städte Kreis;
Willkommen! Laß dich kränzen
Mit Eich' und Ehrenpreis!
Du Krone an dem Rheine,
Die tief getrauert hat!
Du hast vom Münsterknaufe
Viel Not und Tod geschaut;
Doch aus der Feuertaufe
Gingst du hervor als Braut.
305. Die Kaiserkrone.
Wilhelm Petsch.
Im Spiegelsaale des Schlosses zu Versailles wurde König Wilhelm
von Preußen zum Deutschen Kaiser ausgerufen.
Der Saal ist schon durch seine Größe ein sehr stattlicher Raum; die
Pracht seiner Ausstattung hebt ihn aber noch mehr. Achtzehn große Spitz-
bogenfenster gewähren eine reizvolle Aussicht ans die berühmten Wunder-
gärten von Versailles. Er heißt der Spiegelsaal, weil jedem Fenster
gegenüber ein ebenso großer Spiegel angebracht ist, den ein prächtiger
Goldrahmen umschließt.
Das Fest begann wie jede wichtige Feier im Hause der Hohenzolleru
mit einem Dankgottesdienste. Gar einfach sah in diesem prahlerischen
Schmucke des Saales der flehte Altar aus, der auf Befehl des Königs
errichtet worden war und als Symbol das Zeichen des Eisernen Kreuzes
trug. Sänger in Uniform leiteten den Gottesdienst mit der Motette:
„Jauchzet dem Herrn, alle Welt!" ein, begleitet von ben mächtigen Klängen
der Posaunen.
Dann erscholl der übliche Kommandoruf: „Helm ab zum Gebet!"
und der Hofprediger Rogge, der Militärgeistliche der Potsdamer Garnison,
hielt nun seine Festpredigt über den einundzwauzigsten Psalm: „Du über¬
schüttest ihn mit gutem Segen, du setzest eine goldene Krone auf sein
Haupt, du setzest ihn zum Segelt ewiglich. Denn der König hofft auf den
Herrn und wird durch die Güte des Höchsten fest bleiben. Sie gedachten
dir Übles zu thun und machten Anschläge, die sie nicht ausführen konnten."
War das nicht, als hätte der fromme Psalmist diese Worte eigens für
den Mann geschrieben, der den Mittelpunkt dieser Feier bildete? Das
alte Kirchenlied der evangelischen Christen: „Nun danket alle Gott!"
schloß ben gottesdienstlichen, den ersten Teil des Festes.
Der König schritt nun an der Spitze seiner glänzenden, in der That
fürstlichen Umgebung durch ben Saal und betrat einen erhöhten Platz,
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