Full text: [Abt. 2 = Für Quinta, [Schülerband]] (Abt. 2 = Für Quinta, [Schülerband])

Aus Äomers Odyssee. 
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Zakynthus. Von dem unglücklichen Kriege lasset mich schweigen! Als 
er eben beendet war, wandte ich mich mit meinen Genossen zur Stadt 
der Cikonen, Ismarus, zerstörte sie, schlug die Männer in die Flucht, 
und die Beute teilten wir untereinander. Jetzt riet ich zwar, eilig die 
Gegend zu verlassen, aber die törichten Gefährten folgten mir nicht. 
Solange sie noch von den geraubten Vorräten Wein und Ziegen und 
Schafe übrig hatten, schwelgten sie täglich an dem Gestade, und daher 
kam gleich unser erstes Anglück. Die entkommenen Cikonen riefen ihre 
Bundesgenossen aus der Mitte des Landes herbei. Sie kamen in 
Menge den Ihrigen zu Knlfe und sselen über uns her, um sich schreck¬ 
lich zu rächen. Früh am Morgen begann der wirtende Kampf bei den' 
Schiffen, und wir trotzten im Anfange der Äbermacht der Angreifenden; 
als aber die Somre sank, da mußten wir weichen. Von jedenr Schiffe 
wurden mir sechs Mann erschlagen, und nur mit Mühe entrann ich 
mit den übrigen auf schnellen Schiffen. 
2. Die Lotophagen. 
Aber das war nur das Vorspiel der folgenden Leiden. Wir 
segelten, froh der bestandenen Gefahr, weiter nach Westen und hielten 
uns immer denr griechischen Äser nahe. Da erhob sich ein heftiger 
Sturm, der die Segelstangen unsrer Schiffe zerbrach und die Segeltücher 
zerriß. Nur mit Mühe konnten wir das Äser erreichen, an dem wir 
zwei Tage und zwei Nächte vor Anker lagen, um neue Segel aus¬ 
zuspannen und die Masten auszubessern. Als wir am frühen Morgen 
des dritten Tages aufbrachen und sichre Koffnung hatten, bald in die 
Äeimat zu gelangen, da erhob sich am Vorgebirge Malea ein neuer 
entsetzlicher Sturm und trieb uns weit, weit ins offene Meer hinein. 
Neun Tage schwammen wir, ein Spiel des fürchterlichen Nordwinds, 
fast bewußtlos auf den: Meere umher, bis uns derselbe Wind an: 
zehnten Tage an die Küste der Lotophagen trieb. Das ist ein gut¬ 
mütiges und hochbeglücktes Völkchen; denn ihnen ist eine Frucht zur 
täglichen Speise gegeben, Lotus genannt, die süßer als Äonig schmeckt, 
und wer von der Frucht genießt, der wünscht sich, ewig dort zu bleiben, 
und vergißt ganz die Weiterreise. An ihrer Küste stiegen wir aus, um 
frisches Wasser einzunehmen. Aber ihre Frucht hatte die Wirkung 
nicht verfehlt. Mit Gewalt mußte ich meine Gefährten in die Schiffe 
zurücktreiben, sie in den Schiffsraum ziehen und dort festbinden, und 
hätte ich nicht eilig vom Lande abgestoßen, so wäre kein Mensch mir 
weiter gefolgt.
	        
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