167. Die Weier.
§Äch kenne einen deutschen Strom,
(32 der ist mir lieb und wert vor allen,
umwölbt von ernster Eichen Dom,
umgrünt von kühlen Buchenhallen.
Ihn hat nicht wie den großen Rhein
der Alpe dunkler Geist beschworen;
ihn hat der friedliche Verein
verwandter Ströme still geboren.
So taucht die Weser kindlich auf,
von Bergen traulich eingeschlossen,
und kommt in träumerischem Lauf
durch Reben nicht, durch Korn geflossen;
so windet sie mit leichtem Fuß
zum fernen Bteere sich hernieder
und spiegelt mit geschwätz'gem Gruß
der Ufer sanften Frieden wieder.
Doch hat sie in der Zeiten Flug
gar manche große Mär' erfahren,
und ihre stille Woge trug
viel Herrliches in fernen Jahren.
Sie sah in ihrer Wälder Schoß
des Adlers Siegerflügel wanken
und von der deutschen Arme Stoß
der ew'gen Roma Säulen schwanken.
Und als mit fester Eisenhand
Held Karl das deutsche Zepter führte,
da war es, wo im Weserland
sich manche Stimme mächtig rührte;
da hörte man des Kreuzes Ruf
mit hellem Klang an den Gestaden
und sah der Frankenrosse Huf
sich in den nord'schen Wellen baden.
So meldet sie dir manchen Traum
aus ihrer Vorzeit grauen Tagen
und sieht dabei des Lebens Baum
stets frisch an ihren Ufern ragen;
es glänzen in der lichten Flut
der Klöster und der Burgen Trümmer,
des Mondes und der Sonne Glut,
der Türme und der Segel Schimmer.
Und meerwärts durch ihr Felsentor,
durch immer wechselnde Gefilde
strömt sie die Wellen leicht hervor
wie jugendliche Tranmgebilde.
In ihren Tiefen, klar und rein,
hörst du es seltsam wehn und rauschen
und kannst bei stillem Abendschein
der Nixe Wunderlied belauschen.
Franz von Dingelstedt.
168. Das Weierberglcmä.
as Weserbergland bietet dem Naturfreund eine reiche Fülle land¬
schaftlicher Schönheiten. Von Münden, wo durch die Vereini¬
gung zweier Flüsse, der Werra und Fulda, die Weser ihren Anfang
nimmt, bis Minden, wo der Strom durch das altberühmte Durchbruchs¬
tor der Porta in die norddeutsche Tiefebene tritt, von den dunkeln
Waldwünden des Teutoburger Waldes bis zu jenen Höhenzügen am
linken Leineuser, von denen herab man über das Leinetal hinweg auf
die Vorberge des Harzes schaut, birgt dies Wesergebiet auf verhält¬
nismäßig kleinem Raume Schätze, die lange Zeit verkannt und wenig
geachtet, neuerdings mit Recht ihre Freunde und Bewundrer gesunden haben.
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