Menschenleben. — 18. Erohinuiler Holzsammlerin.
II
6. Sie schleicht dahin mit wankendenl Tritt,
es wächst ihr der Weg mit jeglichem Schritt,
ihr zitterndes Herz in die Augen ihr schwillt,
ihr trocknes Auge in Tränen quillt.
Eil' dich, alt Mütterchen, eile!
7. Der Pfad ist verloren, der Weg ist verschneit,
das heimische Dorf ist weit noch, gar weit:
doch den Kirchturm, von ferne kannst du ihn sehn.
du Alte, du Alte, o bleibe nicht stehn!
Eil' dich, alt Mütterchen, eile!
8. Alt Mütterchen wandert nicht vor, nicht zurück,
die Heimat sucht ihr umnachteter Blick;
sie seht sich langsam in weichen Schnee,
drückt das Haupt in die Knie, ihr wird so weh. --
Eil' dich, alt Mütterchen, eile!
S. Das Sternenheer beginnt seinen Lauf,
die Alte sitzet, sie steht nicht auf;
der Tod schreitet her ubers schneeige Feld,
ihm gehört nun die schweigende, schaudernde Welt.
Fliehe, alt Mütterchen, fliehe!
10. Die Binder zu Hause, die jammern so sehr,
die Alte stört es im Leben nicht mehr;
die Kinder schreien nach Brot, nach Brot,
alt Mütterchen hört's nicht, alt Mutter ist tot.
Schlaf nun, alt Mütterchen, schlafe!
Ernst v. Wildenbruch
19. Abendlied.
Der Tag geht nun zu Ende,
die Blumen schlafen ein;
nun faltet eure Hände,
ihr lieben Kindelein!
2. Und schaut um euch im Kreise
und schaut zum Himmel auf: —
wie zieht so traulich leise
die dunkle Nacht herauf!
3. Bald glänzt in lausend Tröpfchen
der helle Mondenschein.
Der Vogel steckt sein Köpfchen
jetzt unters Flügelein.
4. Nun ruht vom heißen Tage
sich aus manch müdes Herz,
doch manches schaut in Klage
noch wachend himmelwärts.