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Der Karlsschüler
Aber ich war nicht nur arm, ich war auch ein ungewandter und nun
vollends eingeschüchterter Knabe, der wegen seines linkischen Wesens
fortwährend gescholten und gestraft wurde. War das meine Schuld?
Warum gab die Natur gerade mir ein ungestüm inneres und ein so träg
nachhinkendes äußeres Wesen ? So ward meine Jugend ein fortdauern—
des Leiden, und als ich mich endlich mühsam in die aufgedrungene Bahn
gefunden, da hieß es wiederum halt! Kein Jurist! Mediziner soll der
Bursche werden, das paßt besser für den armen Teufel, und zum zweiten⸗
mal gewaltsam wurde der Ruck meines Innern erzwungen, ob auch
alle Fugen in mir krachten und schmerzten. Was da! hieß es, der Mensch
ist eine Maschine, man dreht sie und stellt sie und zwingt sie in Gang.
Der Mensch ist keine Maschinel! schrie es auf in meiner Brust
und schrie es so lange, bis wir alle wußten, solche Erziehung sei Miß—
handlung, bis wir alle fest entschlossen waren uns aufzulehnen. War's
nun ein Wunder, daß die verschrobene Seele krampfhaft hineingerissen
wurde in wilde Phantasien, war's nun ein Wunder, daß wir Ideale
ausbrüteten von ungetümer Natur?! Die Seele braucht Speise und
Trank wie der Leib; das Ideal ist ihr Speise und Trank. Konnte
unser Ideal dem Herrn der Karlsschule wohlgefällig werden ? Vor
unsern Augen war Kampf und Gewalt gegen die Vertreter des
Landes, vor unsern Augen war Verhöhnung des Freiheitsgedankens,
welcher jenseits des Meeres schmetternde Siege erfocht, vor unsern Augen
Verhöhnung deutschen Dranges nach eigener Literatur und Kunst, vor
unsern Augen allüberall Druck auf Hirn und Herz: mußte da nicht jener
entsetzliche Zustand in uns entstehen, welcher die Augen schließt und blind
mit dem Haupt gegen die Schranke rennt, mußten da nicht die Räuber
entstehen, welche man nun so entsetzlich findet?! Sie mußten entstehen,
und die deutsche Karlsschule ist die Mutter des Stücks, der Herzog von
Württemberg ist der Vater desselben.
Pause.)
(Es donnert.)
Hherzog: Wenn du horchst, Franziska, so erfährst du, daß ich Recht
gehabt und daß er reif ist, wie ich mir gedacht. (Er geht hinten nach
dem Ausgange, als wolle er nach dem Wetter sehen, geht dann rasch
auf die zweite Tür links zu, als wolle er Rieger rufen, bleibt aber plötzlich
stehen, betrachtet wie mitleidig Schiller und kommt an seinen Platz zurück,
das nächste mild, aber immer verhalten sprechend.) Du ruinierst dich,
mein Sohn, durch deine Heftigkeit. Ich hätte es lieber gesehen, wenn
ich dir verzeihen gekonnt. Du bist aber wohl für nichts zu brauchen,
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