Annette von Droste-Hülshoff.
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is. Hast du gelauscht, Allgund?
Du schweigst, du blickst zur Erd'?
Das bringt dir bittre Stund'!
Allgund, was hast du gehört?"
iß. „Ich lauscht' deines Rosses Klang,
Ich späht' deiner Augen Schein,
So kam ich hinab den Hang.
Nun tue, was not mag sein." —
i7. „O Frau!" sprach Jakob Port,
„Da habt Ihr schlimmes Spiel!
Grad sprach der Herr ein Wort,
Das sich vermaß gar viel."
i6. Sprach Kurt: „Ich sag' es rund,
Viel lieber den Wolf im Stall
Als eines Weibes Mund
Zum Hüter in solchem Fall."
i9. Da sah der Graf sie an,
Zu einem und zu zwein;
Drauf sprach zur Fraue der Mann:
„Wohl weiß ich, du bist mein.
i. Und als das Morgengrau
In die Kemnate sich stahl,
Da hatte die werte Frau
Geseufzt schon manches Mal.
s. Manchmal gerungen die Hand,
Ganz heimlich wie ein Dieb;
Rot war ihrer Augen Rand,
Todblaß ihr Antlitz lieb.
3. Drei Tage kredenzt' sie den Wein
Und saß beim Mahle drei Tag',
Drei Nächte in steter Pein
In der Waldkapelle sie lag.
4 Wenn er die Wacht besorgt,
Der Torwart sieht sie gehn,
Im Walde steht und horcht
Der Wilddieb dem Gestöhn.
so. Als du gefangen lagst
Um mich ein ganzes Jahr
Und keine Silbe sprachst,
Da ward deine Treu' mir klar.
21. So schwöre mir denn sogleich,
Sei's wenig oder auch viel,
Was du vernahmst am Teich,
Dir sei's wie Rauch und Spiel.
22. Als feie nichts geschehn,
So muß ich völlig meinen;
Darf dich nicht weinen sehn,
Darfst mir nicht bleich erscheinen.
23. Denk nach, denk nach, Allgund,
Was zu verheißen not!
Die Wahrheit spricht dein Mund,
Ich weiß, und brächt' es Tod."
24. Und konnte sie sich besinnen,
Verheißen hätte sie's nie;
So war sie halb von Sinnen,
Sie schwur und wußte nicht, wie.
5. Am vierten Abend sie saß
An ihres Herren Seit',
Sie dreht' die Spindel, er las,
Dann sahn sie auf allebeid'.
6. „Allgund, bleich ist dein Mund!"—
„Herr,'s macht der Lampe Schein."—
„Deine Augen sind rot, Allgupd !"—
„'s drang Rauch vom Herde hinein.
7. Auch macht's mir schlimmen Mut,
Daß heut vor fünfzehn Jahren
Ich sah meines Vaters Blut;
Gott mag die Seele wahren!
s. Lang' ruht die Mutter im Dom,
Sind wen'ge mir verwandt,
Ein' Muhm' noch und ein Ohm:
Sonst ist mir keins bekannt."