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Friedrich Hebbel.
Friedrich Hebbel.
2««. NachtlicS.
1. Quellende, schwellende Nacht,
Voll von Lichtern und Sternen:
In den ewigen Fernen,
Sage, was ist da erwacht?
2. Herz in der Brust wird beengt;
Steigendes, neigendes Leben,
Riesenhaft fühle ich's weben,
Welches das meine verdrängt.
3. Schlaf, da nahst du dich leis
Wie dem Kinde die Amme,
Und um die dürftige Flamme
Ziehst du den schützenden Kreis.
Heidelberg, 6. Mai 1836. Sämtliche Werke, Bd. VII (Gedichte I), S. 21.
201. Der Heideknabe.
t. Der Knabe träumt, man schicke ihn fort
Mit dreißig Talern zum Heideort,
Er ward drum erschlagen am Wege
Und war doch nicht langsam und träge.
2. Noch liegt er im Angstschweiß, da rüttelt ihn
Sein Meister und heißt ihm, sich anzuziehn,
Und legt ihm das Geld auf die Decke
Und fragt ihn, warum er erschrecke.
3. „Ach Meister, mein Meister, sie schlagen mich tot,
Die Sonne, sie ist ja wie Blut so rot!"
„Sie ist es für dich nicht alleine,
Drum schnell, sonst mach' ich dir Beine!"
4. „Ach Meister, mein Meister, so sprachst du schon,
Das war das Gesicht, der Blick, der Ton,
Gleich greifst du" — ?um -Stock, will er sagen,
Er sagt's nicht, er wird schon geschlagen.
ö. „Ach Meister, mein Meister, ich geh', ich geh',
Bring meiner Frau Mutter das letzte Ade!
Und sucht sie nach allen vier Winden,
Am Weidenbaum bin ich zu finden!"
6 Hinaus aus der Stadt! Und da dehnt sie sich,
Die Heide, nebelnd, gespenstiglich,
Die Winde darüber sausend;
„Ach wär' hier ein Schritt wie tausend!"