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Detlev von Liliencron.
Mich schaudert vor Joch und Fessel und Druck,
Vor des Dienstes grauem Bedientenschmuck,
Vor des Dienstes Sklavenarbeiten,
Vor seinen Rücksichtslosigkeiten.
25 Ich beuge den Menschen nicht meinen Nacken
Und lasse sie nicht an den Kragen mir packen.
Der Geier des Ehrgeizes richtet den Schnabel
Ewig nur gegen den eigenen Nabel
Und frißt sich selbst in den Eingeweiden
so Und schafft sich selbst nur die bittersten Leiden.
Weg da, ihr Narren, und laßt mich in Ruh',
Und dröhnend werf' ich mein Hoftor zu.
» Meinen Jungen im Arm, in der Faust den Pflug,
Und ein fröhlich Herz, und das ist genug.
35 Frei will ich sein!
Doch ruft mich der Kaiser in Not und Gefahr,
Ich entstürze dem Haus mit gesträubtem Haar,
Bin um ihn, wenn er von Feinden umdrängt,
Bis wieder die Streitart am Nagel hängt.
m Und will es mein Schicksal, fällt für ihn mein Haupt,
Ich küsse den Block, an den ich geschraubt,
Ich küsse den Block, von dem mein Rumpf
Ohne Kopf in den Sand rollt, ein zuckender Stumpf.
Muß das Vaterland drangvoll die Sturmflaggen hissen,
45 Ho heida! die Klinge der Scheiden entrissen.
Und droht es von Osten und dräut es von West,
Wir schlachten den Bären, den Hahn uns zum Fest.
Fällt neidisch uns an auch die ganze Welt,
Sie lernt uns schon kennen, der Angriff zerspellt.
50 Und der Frieden strahlt auf, von Sonnen gezogen,
Der Teifun erstarb in sanft plätschernde Wogen,
Der Ackersmann sät, und der alte Verkehr
Findet verkettete Straßen nicht mehr.
Dann stemm' ich die Spitze von meinem Schwert
55 Fest auf den häuslichen Feuerherd,
Umfasse den Griff mit der einen Hand
Und trockne das Blut von Rill' und Rand
Und schleif' es, gewärtig zu neuem Tanz,
Doch heute bedeckt es ein Eichenkranz.
6o Meinen Jungen im Arm, in der Faust den Pflug,
Und ein fröhlich Herz, und das ist genug.
Frei will ich sein!
Sämtliche Werke, Bd. VII (Kampf und Spiele), S. 56 ff.