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gangen waren, nahm er dieses Ungetüm, trug es hinaus und
stellte es mitten in seinen weizenacker, gerade als wenn es
ein lebendiger Mann wäre.
4. Sobald am andern Morgen die Spatzen aufwachten,
flogen sie eiligst nach dem Ucker, wo sie es sich gut schmecken
lassen wollten. Uber als sie hinkamen, sieh, da stand schon
der alte Dauer in seinem alten Nocke und in seinem alten
Hute und drohte mit der peitsche. Da es so gefährlich aussah,
getrauten sie sich nicht herbeizufliegen, sondern lauerten in
der Nachbarschaft, ob denn der Peitschenmann nicht nach Hause
gehen würde. Uber er ging nicht; sie mochten warten, solange
sie wollten. Er blieb immer stehen. Und wenn der wind
kam, so schwang er seine peitsche so hoch, daß es ihnen ernst¬
lich bange wurde.
5. Endlich flogen sie mit hungrigem Magen fort. Sic
hofften aber, daß der Dauer, da er so früh in das Feld ge¬
gangen sei, sein Fenster offen gelassen haben würde, und
dann wollten sie sich über seine Käse hermachen, die er ge¬
wöhnlich am Fenster trocknete. Uber das bekam ihnen noch
übler. Uls nämlich der Vauer die Spatzen so nach seinem
offnen Fenster lugen sah, versteckte er sich hinter die Eür,
und als nun die schlimmen Uäsediebe hineingeflogen waren
und eben meinten, einen recht glücklichen Fund gemacht zu
haben, da zog er das Fenster mit einem Faden zu, und siehe
da, die Herren Spatzen waren alle gefangen, und es ging
ihnen, wie es allen Spitzbuben ergehen muß.
Wilhelm Turtman.
133. Die Kornähren.
(Ein Landmann ging mit [einem kleinen Sohne Tobias auf den
Acker hinaus, um zu sehen, ob das Korn bald reif sei. „Sieh, Vater,"
sagte der unerfahrene Knabe, „wie aufrecht einige Halme den Kopf
tragen! Diese müssen recht vornehm sein - die anderen, die sich so tief
vor ihnen bücken, sind gewiß viel schlechter."
Der Vater pflückte ein paar ähren ab und sprach: „Törichtes Kind,
da sieh einmal! Diese ähre hier, die sich so stolz in die höhe streckt, ist