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140. Der Teich.
1. Nicht weit von der Mühle ist ein Teich, dessen Wasser
so breit ist, daß man keinen Steg darüber legen kann; nicht
einmal mit einem Steine kann man hinüber werfen. In
diesem Teiche sind Asche, große und kleine, bräunliche und
gräuliche. Die Asche schwimmen hin und her und sind bald
oben an der Fläche, bald unten auf dem Grunde, wirft
man ihnen ein Vröckchen Brot ins Wasser, so schwimmt ein
ganzer Trupp herbei und schnappt danach. Anfangs sind es
nur kleine Asche, die sich sammeln; hernach kommen aber
auch größere: Karpfen, so breit wie meine Hand, und hechte,
so lang wie mein Arm. vor den hechten fürchten sich die
andern; denn hechte sind Naubfische. Sie haben scharfe
Zähne und beißen die Aschchen tot und fressen sie. Ihr könnt
euch auch hüten, daß euch kein Hecht in die Anger beißt.
Der Müller will auch nicht, daß die kleinen Asche alle ge¬
fressen werden, und läßt deshalb nicht viele hechte im Teiche,
wollt ihr wissen, wie er sie fängt? Ich habe ihm einmal
zugesehen.
2. Da nahm er einen Angelhaken von Stahl, der war
sehr spitz, band eine lange Schnur daran und befestigte sie
an einem langen Stocke. Das Ganze nannte er seine Angel.
Nun nahm er unter einem Steine einen Regenwurm heraus
und steckte diesen so an den haken, daß man die Spitze nicht
sah. hierauf setzte er sich ruhig an das Ufer und ließ die
Angel in das Wasser hängen, daß man meinte, der Wurm
schwimme im Wasser. Nach einer weile kam ein großer
hecht,, betrachtete den Wurm und dachte: „Li, der soll mir
gut schmecken!" Geschwind fuhr er darauf los, sperrte sein
Maul weit auf und biß hinein. Über wie war er angeführt!
Lr hatte sich den spitzen haken in den Gaumen gebissen und
konnte ihn nicht wieder losmachen. Lr riß gewaltig an der
Angelschnur und tobte hin und her. Als aber der Müller
merkte, daß etwas an der Angel zuckle, zog er sie in die