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frische Wonne. Die Gasse ist eine wahre Kinderstube; sogar abends
nach dem Essen werden die Kleinen, ob sie gleich sehr wenig bekleidet
sind, wieder ins Freie gelassen und nicht wie im Winter unter die
Bettdecke gejagt. Man ißt am hellen Tage zu Abeird und weiß kaum,
wo der Leuchter steht. Zur Schlafzimmer sind die Fenster Tag und
Nacht offen, auch die meisten Thüren des Hauses, ohne daß es schadet.
Überall liegen Blumen: Neben dem Tintenfasse, auf den Papieren
und auf den Ladentischen. Die halbe Nacht geht man auf den
Gassen auf und ab und sieht die Sterne am hohen Himmel glänzen.
O Gott, welch' Freudenleben auf dieser kleinen Erde!
Noch Jean Paul.
2. Sommerfreude.
1. Geh aus, mein Herz, und suche Freud'
in dieser lieben Sommerzeit
an deines Gottes Gaben;
schau an der schönen Gürten Zier
und siehe, wie sie mir und dir
sich ausgeschmücket haben!
2. Die Bäume stehen voller Laub,
das Erdreich decket seinen Staub
mit einem grünen Kleide.
Narzissen und die Tulipan,
die ziehen sich viel schöner an
als Salomonis Seide.
3. Die Lerche schwingt sich in die Luft.
■ Das Täubchen fliegt ans seiner Kluft
und macht sich in die Wälder.
Die hochbegabte Nachtigall
ergötzt und füllt mit ihrem Schall
Berg, Hügel, Thal und Felder.
4. Die Glucke führt ihr Völklein aus, - -
der Storch baut und bewohnt sein Haus,
Das Schwälblein speist die Juugen.
Der schnelle Hirsch, das leichte Reh
ist froh und kommt aus seiner Höh'
ins tiefe Gras gesprungen.