Full text: Deutsches Lesebuch für Handelsschulen

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neigten hügelrücken ansteigend, von zahlreichen grauen Kuppelbauten, 
stattlichen spitzen Minaretts und armseligen hölzernen Gebetstürmen, 
überragt, richtet sich der fahlfarbene, dichte Häuserblock von Mossul 
auf. Handel und Gewerbe, so die „Musseline", standen im Mittelaller 
hier in großer Blüte. Vas heute ist nur ein matter Abglanz der Ver¬ 
gangenheit. Line schadhafte, holprige Schiffsbrücke führt in eine 
Vorstadt, die auf dem Schutthaufen des alten Ninive steht. Lnge ge¬ 
wundene Gassen mit lehmbeworfenen Mauerfronten, hinter denen die 
breiten Lichthöfe und säulengetrage.nen offenen Ausbaue schmucker 
Wohnhäuser stehen, durchschneiden das Stadtbild. 
Nicht weit stromabwärts von Mossul zeigt sich der Tigris schon 
als echter Tieflandstrom, der sich tief in den angeschwemmten Lehm und 
Ton eingegraben hat. Zehn Meter und hoher liegen oft die Ufer¬ 
ränder, ein Umstand, der für die Bewässerung äußerst ungünstig ist. 
Allmählich werden die Ufer flacher, und es entwickelt sich das Gepräge 
der Marschlandschaft des südlichen Mesopotamiens. Getreide-, Reis- 
und Maisfelder zeigen sich hier und da. Die ersten Palmen mit voll- 
entwickelten hohen Stämmen und stolzen Fächerkronen grüßen häu¬ 
figer, und bald stehen die Palmen in dichten Hainen, wir stehen im 
sagenumwobenen babylonischen Kulturland, das zur Seite der Para¬ 
diesflüsse Euphrat und Tigris üppige und fesselnde Bilder von Natur- 
reichtum und landschaftlichen Reizen vor Augen führt. Aber wo die Ufer 
nur wenige Meter über dem Flußspiegel liegen, ergießen sich im 
Frühjahr die Fluten über die tischgleichen Flächen Mesopotamiens, 
bedeutende Striche in Seen verwandelnd und die jungen Saaten 
ertränkend. 
Die Vorstellung von Glanz und Reichtum umschmeichelt das am 
Tigris sich aufbauende Bagdad, die Stadt des Harun al Raschid, der 
Sitz der Märchen aus Tausendundeine Nacht. Nur vereinzelte Baureste 
vermelden noch die von Leben und Lust umwobene Welt des Mittel¬ 
alters. Cin wirrsal schmaler Gassen, in denen in der Regenzeit 
der Rot fußhoch liegt, in den Vorstädten ganze Reihen bröckelnder und 
eingesunkener Mauern alter und neuer Behausungen, am Rande 
der Basarviertel Züge schläfriger, absterbender Hallen, kennzeichnen 
das Bagdad von heute. Trotzdem ist es mit seiner Bevölkerung von 
200 000—250 000 Seelen Mesopotamiens Mittelpunkt. Rammt man 
aus den Steppen, mutet es mit seinem weißen Häusermeer wie ein 
gewaltiger Ameisenhaufen an, wirken die vergoldeten Kuppeln der 
Moscheen, die zwischen grünen Palmenhainen in der Sonne gleißend 
funkeln, wie Märchen. Kunstvoll gezierte, nach der Straße blickende 
Erker, breite Säulenhallen und Rundgänge geben von Wohlhabenheit 
und Lebensfreude Kunde. Und die Fülle der Gestalten von Trachten: 
bewegliche arabische Städter und Landleute, sehnige Kurden und 
Luren aus den persischen Grenzgebieten, christliche Syrer, Bagdader, 
Juden, türkische Beamte und Soldaten, persische Pilger künden das 
Volksgewimmel dieser Breiten. 
verläßt man Bagdad von der südwestlichen Vorstadt aus, ss
	        
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