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133. Die Arbeiten des herkules.
Von dem Orakel zu Delphi war herkules der Ausspruch geworden,
er müsse dem Könige Eurystheus von Mykenä dienstbar werden und
zwölf Arbeiten vollbringen, die dieser ihm auftrage; dann erst könne er
der Unsterblichkeit teilhaftig werden. Dieser Ausspruch hatte Herkules
sehr bekümmert; wie ungern er aber auch einem Sterblichen dienstbar
werden mochte, wollte er doch dem Willen der Götter nicht zuwider—
handeln und ging zu dem Könige Eurystheus, dessen Aufträge entgegen—
zunehmen. Eurystheus, dem ein Orakelspruch gesagt hatte, daß her—
kules einst seine herrschaft einnehmen werde, wollte den helden gern
beseitigen und sandte ihn daher auf Abenteuer aus, von denen er hoffte,
daß sie Herkules den Tod bringen würden.
Die erste Aufgabe, welche Eurystheus dem Helden stellte, war, ihm
das Fell des nemeischen Löwen herbeizuschaffen, welcher in dem Wulde
von Nemea in der Landschaft Argolis hauste. Gegen ihn zog der held
aus, den Röcher auf dem Rücken, den Bogen in der einen Hhand, in der
andern seine Keule. Lange irrte herkules im Walde umher, ohne die
Spur des Löwen finden zu können; auch war kein Mensch im Walde, der
ihm Bescheid hätte sagen können, denn keiner wagte es vor dem Un—
geheuer, den Wald zu betreten. Endlich sah er den Löwen bluttriefend
von seinem Raube daherkommen. Er verbarg sich in ein Gebüsch und
sandte von hier aus mehrere Pfeile gegen das Ungeheuer. Aber Waffen
vermochten das Tier nicht zu verwunden, und wie von einem Steine
prallten die Pfeile von der Haut des Löwen zurück. Als er eben wieder
einen neuen Pfeil gegen ihn senden wollte, bemerkte der Löwe seinen
Gegner, und alsbald machte er sich zum fürchterlichen Sprunge fertig.
Seinen langen Schweif zog er an sich bis zu den hinteren Kniekehlen,
sein ganzer Nacken schwoll von Zorn auf, unter Murren sträubte sich
seine Mähne, sein Rücken ward krumm wie ein Bogen. Als der Held
das sah, warf er Bogen und Pfeil weg, und, die Keule hoch geschwungen
haltend, erwartete er den Gegner. Schon streckte das Tier in weitem
Sprunge seine Tatzen gegen den helden aus, da sauste mit fürchterlicher
Gewalt die Keule auf seinen Schädel nieder, daß es betäubt zur Erde
fiel. Rasch warf herkules auch die Keule weg, und ehe das Tier sich
wieder erholen konnte, hatte er es mit seinen starken Händen am Halse
gepackt. So fest drückte der held die Kehle zu, daß das Tier in kurzer
Zeit erstickt war.
Nnun wollte herkules ihm die haut abziehen, die er als Zeichen
des Sieges zu Eurystheus bringen sollte. Aber weder Stein noch Eisen
waren imstande, die haut zu schneiden. Da versuchte es herkules mit