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K) Er pflegte die Künste und Wissenschaften. Friedrich besaß
großes Interesse für die Ton- und namentlich die Baukunst. Er war ein
hervorragender Künstler auf der Flöte und ein Liebhaber des Gesanges
und der Oper. Für die Hofoper stellte er fremde Sänger mit hohem Ge-
halt an. Er ließ das Opernhaus, die Königliche Bibliothek,
Schloß Sanssouci und das Neue Palais erbauen und seinen der-
dienstvollen Generälen Standbilder errichten. Der Tiergarten wurde
in einen schönen Park umgewandelt. Von der deutschen Sprache und
Literatur hielt er nicht viel, desto mehr von der französischen. Er beteiligte
sich an den Arbeiten der Akademie der Wissenschaften durch eigene Schriften
und schrieb insbesondere mehrere Werke über Politik, Geschichte, Philo-
sophie und Kriegskunde, aber alles in französischer Sprache. An seinem Hose
verkehrten bedeutende Gelehrte und Schriftsteller, meistens Franzosen.
h) Er verbesserte das Heerwesen. Unermüdlich förderte der
König auch im Frieden die Kriegstüchtigkeit und Schlagfertigkeit seines
Heeres durch zahlreiche Übungen und alljährliche persönliche Besichtigungen.
Seinem scharfen Auge entging nichts, und seine Strenge war gefürchtet.
Durch den Umbau von Festungen erhöhte er den Schutz des Landes, und
durch Vermehrung der Artillerie suchte er seinen Truppen die Überlegen-
heit auf dem Schlachtfelds zu sichern. Das Heer (zuletzt 200000 Mann)
bestand etwa zu einem Drittel aus Landeskindern (meist aus dem Bauern-
und niederen Bürgerstande), der Hauptteil war geworben. Dem Adel
gab er die Offizierstellen, wie er ihn auch bei der Besetzung der höheren
Beamtenstellen bevorzugte. Die Bürger sollten Gewerbe, Handel und
Industrie treiben.
8. Wie Friedrich Wcstpreußen erwarb und hob. Das benach-
barte Wahlreich Polen versank immer tiefer in Zerrüttung und Ohnmacht.
Der Wahlkönig war völlig machtlos. Die Macht lag in den Händen des
Adels. Einen Bürgerstand gab es nicht; die Bauern waren Leibeigene
des Adels und wurden in sklavischer Unterwürfigkeit gehalten. Der Adel
lebte von dem Schweiße der Bauern in verschwenderischer Liederlichkeit
(„polnische Wirtschaft"). Auf dem polnischen Reichstage zu Warschau
konnte jeder einzelne Edelmann durch seinen Einspruch die Annahme der
Vorlagen verhindern. Die Folge war unaufhörlicher Streit und Zank bis
zu Handgreiflichkeiten; daher die Redensarten: „Es geht polnisch zu." „Es
geht wie auf dem polnischen Reichstage." Zwischen den Anhängern des
von Rußland unterstützten Königs Stanislaus Poniatowski und der
von der Geistlichkeit geführten nationalen Partei (Konföderation), die nach
Unabhängigkeit und Freiheit strebte, brachen heftige Bürgerkämpfe aus.
Da mischten sich auch Preußen und Österreich, die längst auf Rußland
eifersüchtig, aber gegeneinander mißtrauisch waren, in die polnischen An-
gelegenheiten. Nachdem Österreich einen Streifen polnischen Landes be-
setzt hatte, vereinigten sich auf Friedrichs Anregung Rußland, Österreich
und Preußen zur ersten Teilung Polens (1772) Friedrich erhielt
Westpreußen ohne Thorn und Danzig und nannte sich hinfort König
„von" statt, wie bisher, „in" Preußen. War der Erwerb des Landes
auch kein rechtmäßiger, so entschuldigten ihn doch die Umstände. Friedrich