Buße und Ernte. 
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Wochen vergehen, bis wir einen wesentlichen PFortschritt in der 
Heiligung und sittlichen Läuterung unseres Wesens gemacht 
haben! 
L Und wenn der Landmann alles getan hat, was in mensch- 
lichen Kräften steht, darf er dann mit dicherheit auf den Lohn 
deinos Schweibes hoffen? dein Segen Kommt von oben: Sonnen- 
gchein und Regen, Kühle und VWärme, Luftzug und Windstille, 
jedes zur rechten Zeit, sind die unerläßlichen Bedingungen des 
Gedeihens seiner harten Arbeit. Von oben kommt auch dem 
Menschen der Segen: die Freude, die das Herz erhebt, und das 
Leid, das es demũtigt, die Schicksale, die es lenken, die Prfah- 
rungen, die es weise und fromm machen. 
5. Nichts betrübt den Ackermann mehr als das Fehlschlagen 
seiner Hoffnungen aut eine reiche Ernte. Beinahe in jedem Jahre 
mihrãt etwas, verdirbt etwas, geht etwas zugrunde. Als ob die 
—lemente im Bunde verschworen wären, verzehrt der Blitz, zer- 
zchlagt der Hagel, überschwemmt die Wasserflut, was mit Emsig- 
Ceit und Ausdauer gebaut und gehütet war. Jammer über Jammer, 
venn das liebe Gut verdorrt, verkümmert, verfault, auswächst, 
értrinkt! So haust mit elementarer Kraft in den Herzen der Men- 
gehen die Sünde. Sie entfremdet den Elteèrn die Herzen der Kinder, 
die zerreiht die Bande der Freundschaft, sie weckt blinde Gier 
nach fremdem Gut, sie zettelt Aufruhr und Empörung in den 
Jlaaten an. Sie hetzt die Völker zu mörderischem Kriege aufein- 
ander, sie zerstört heimliches Glück, sie vernichtet die Werke der 
Weisheit und Frömmigkeit. Jammer über Jammer, wenn ein 
menschliches Herz seinen Gott verliert, mit sich selbst uneins 
wird, an den Menschen verzweifelt! 
6. Törichter Landmann, der ernten will, wo er nicht gesäet 
hat, der Trauben von den Dornen und Feigen von den Disteln 
legen will. Törichte Menschen, die Haß gesäet haben und Liebe 
ernten wollen, Unfrieden angerichtet haben und sich wundern, 
qaß kein Friede im Lande ist. Törichte Menschen, die ihre Jugend 
in Leichtsinn und Sittenlosigkeit vergeudet haben und sich im 
Alter beklagen, daßß ihr Leben ihnen keinen Ertrag an sittlichem 
Ernst und innerer Befriedigung liefern wolle. 
7. Was tut der Landmann, wenn seine Ernte gänzlich oder 
teilweise mihraten ist? Legt er die Hände in den Schoß und Läbt 
den Acker aufs neue verflucht sein, Dornen und Disteln zu 
tragen? O nein, er geht mit frischer Kraft und ungeschwächtem 
Muf an sein Geschäft, er wird nicht müde zu hoffen: ob vielleicht 
das nächste Jahr nachhole, was das gegenwärtige versäumt hat. 
Kaum ist der letzte Erntewagen eingefabren, so zieht er wiederum 
die Pflugschar hervor, abermals zu säen, um, wenn die Zeit da ist, 
abermals zu ernten. Nicht anders soll der Mensch verfahren, der 
mit Betrübnis innegeworden ist, wie schwach, wie lieblos, wie
	        
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