154
V. Geographische Schilderungen und Erzählungen.
lichen Eismeer; nur Grönland liefert dort zahlreiche und sehr große
Eisberge.
Wenn die Eisberge von der Küste wegtreiben, so tragen sie den
Schutt, der auf sie gefallen ist, ins Meer hinaus. Sie empfangen
herabstürzende Blöcke und Schuttlawinen, aber auch feineren Staub
und Sand, die dann oft in feinen Schichten weit in das Eis der Eis¬
berge hinein zu verfolgen sind. Bei der großen Tiefe der Eisberge ist
es auch nicht ausgeschlossen, daß sie von dem Meeresgrunde, den sie
berühren, Schutt mit aufnehmen. Bisweilen sind sie so mit Schutt
bedeckt, daß sie aus einiger Entfernung schwimmenden Inseln gleichen.
Schmelzen dann die Eisberge oder stranden sie und werden zertrümmert,
so lagert sich der Schutt, mit dem sie beladen waren, im Meere ab;
auf diese Weise können an Stellen, wo besonders viele Eisberge
schmelzen oder stranden, z. B. an der Küste Neufundlands, wo das
treibende Eis mit dem warmen Golfstrom in Berührung kommt, ganze
unterseeische Schuttbänke entstehen.
47. Zweihundert Tage aus der Eisscholle.
Von Sven Äedin.
Das Schicksal der „Äansa", die Kapitän Äedemann befehligte,
und die in Dr. Buchholz und Dr. Laube zwei wissenschaftliche Mit¬
arbeiter an Bord hatte, war nicht so glücklich, wie das der „Germania".
Sie war durch ein mißverstandenes Signal zu weit westwärts gesegelt
und saß bald, nachdem sie das Hauptschiff aus dem Gesicht verloren
hatte, im Packeis fest, das langsam südwärts trieb. Land zu erreichen
war unmöglich, und man mußte sich auf eine Überwinterung im Treib¬
eis gefaßt machen. Mit oder ohne Schiff? Das war die schwierige
Frage, von deren Entscheidung das Schicksal der ganzen Besatzung,
insgesamt vierzehn Mann, abhing. Undenkbar war es ja nicht, mit
dem Eise langsam weiterzutreiben und im Februar etwa bei Island
wieder flott zu werden. Aber wie manche Grönlandsahrer früherer
Zeit, die gleichfalls mit ihren Schiffen zwischen das Eis der grön
ländischen Küste getrieben, waren nicht dabei zugrunde gegangen!
Die Eispressungen wurden immer häufiger, und bald mußte man
sich auf den Verlust der „Äansa" vorbereiten. Die Boote gaben zu
wenig Schutz gegen Sturm, Kälte und Schnee, und zunächst war daher
eine passende Unterkunft zu beschaffen. 450 Schritt vom Schiff entfernt
suchte man eine feste bruchfreie Stelle im Eise aus, die voraussichtlich
nicht so bald bei einer Reibung mit anderen Eisfeldern durchbrechen