Full text: [Theil 1, [Schülerband]] (Theil 1, [Schülerband])

423 
von eßlustigen Vögeln wollen gesättigt sein! Hunderttausende von Heu¬ 
schrecken sind tagtäglich erforderlich, um ihnen.zu genügen, und wenn 
jener auch Billionen sind, — schließlich werden ihre Reihen doch gelichtet! 
Ein von den Raupen der Nonne oder des Kiefernspinners heim¬ 
gesuchter Wald ist ein Ort des Grauens und Entsetzens. Der Fuß 
dessen, welcher den Pestort durchwandert, zertritt Dutzende von Raupen 
bei jedem Schritte; ihr Koth rieselt von den Wipfeln herab wie Regen; 
ihr Aas verpestet auf weithin die Lust. Der besorgte Forstmann 
jammert; denn jeder Tag Raupenfraß entwerthet den Wald um tausende 
von Thalern; er bietet alle Mittel auf, — umsonst! Der Mensch ist 
den Raupen gegenüber rath- und thatlos; wenn die Vögel nicht aus 
dieser Noth erretten, kann nur der Himmel helfen. Aber dje Vögel 
thun das ihrige redlich und unermüdlich. Die haarigen Raupen selbst 
können leider nur vom Kukuk ohne Schaden gefressen werden, und die 
Kukuke sind nirgends häufig; aberden Eiern und Puppen des Schmetter¬ 
lings stellen tausende fleißiger und geschickter Jäger nach. Alle Arten 
der Klettervögel, die Meisen und die Goldhähnchen sind unablässig be¬ 
schäftigt, Puppen und Eier der Schmetterlinge aufzusuchen und zu ver¬ 
tilgen. Es ist eine ausgemachte Thatsache, daß in den Wintern, welche 
auf einen an Raupen reichen Sommer folgen, der verheerte Wald von 
zahllosen Meisen und Goldhähnchenscharen und vielen Spechten aller 
Art besucht wird. Der gebildete Forstmann weiß, was sie alle leisten, 
und läßt ihnen seinen vollsten Schutz angedeihen. 
Die Spechte und anderen Klettervögel nennt mein Vater die „Wol- 
thäter der Wälder" und widerlegt schlagend die oft irrige Meinung, 
daß dieselben durch ihr Arbeiten den Stämmen schadeten. Dies ist 
keineswegs der Fall; denn das gesunde Holz greifen die Spechte niemals 
an, sondern immer nur diejenigen kranken Stellen, in welche sich Kerfe 
eingenistet haben. Alle gebildeten Forstleute sind hiermit einverstanden. 
Äußerst nützlich werden auch die Raben, vor allen andern die Saat¬ 
krähen, durch Vertilgung von Maikäfern (deren ärgste Feinde nur sie 
sind) und Schnecken; nicht minder wolthätig für die den Menschen zu¬ 
nächst angehenden Pflanzen erweisen sich die Bussarde, Turmfalken und 
Eulen. Diese drei Thiere sind die wirksamsten aller Gegner, die thätig¬ 
sten, unermüdlichsten aller Fänger der so überaus schädlichen Feldmäuse. 
Es ist als ein Frevel an der Landwirtschaft anzusehen, wenn der un¬ 
gebildete Mensch sie verfolgt und tödtet, um ein Prahlzeichen seiner 
Dummheit ans Hofthor nageln zu können. 
Auch noch auf ein ganz anderes Ergebnis der Wirksamkeit der 
Vögel ist in der Neuzeit aufmerksam gemacht worden. Nicht wenige von 
ihnen nemlich sind bedacht, dem Umsichgreifen des Unkrautes zu wehren. 
Der Landmann, welcher die Waldtauben oder im Herbste Ammer und 
Finken mit misgünstigem Auge betrachtet, wenn dieselben seine Felder 
nach Futter absuchen, verkennt die Thätigkeit der Vögel gänzlich. Sie 
ersetzen ihm durch dieselbe hundertfach den geringen Schaden, welchen 
sie während der wenigen Tage der Aussaat ihm zufügen. Alle Tauben 
ernähren sich und ihre Jungen fast ausschließlich von den verschiedenen 
Samen allerlei Unkrautes, namentlich der Vogelwicke, Rade, Kornblume,
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.