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von eßlustigen Vögeln wollen gesättigt sein! Hunderttausende von Heu¬
schrecken sind tagtäglich erforderlich, um ihnen.zu genügen, und wenn
jener auch Billionen sind, — schließlich werden ihre Reihen doch gelichtet!
Ein von den Raupen der Nonne oder des Kiefernspinners heim¬
gesuchter Wald ist ein Ort des Grauens und Entsetzens. Der Fuß
dessen, welcher den Pestort durchwandert, zertritt Dutzende von Raupen
bei jedem Schritte; ihr Koth rieselt von den Wipfeln herab wie Regen;
ihr Aas verpestet auf weithin die Lust. Der besorgte Forstmann
jammert; denn jeder Tag Raupenfraß entwerthet den Wald um tausende
von Thalern; er bietet alle Mittel auf, — umsonst! Der Mensch ist
den Raupen gegenüber rath- und thatlos; wenn die Vögel nicht aus
dieser Noth erretten, kann nur der Himmel helfen. Aber dje Vögel
thun das ihrige redlich und unermüdlich. Die haarigen Raupen selbst
können leider nur vom Kukuk ohne Schaden gefressen werden, und die
Kukuke sind nirgends häufig; aberden Eiern und Puppen des Schmetter¬
lings stellen tausende fleißiger und geschickter Jäger nach. Alle Arten
der Klettervögel, die Meisen und die Goldhähnchen sind unablässig be¬
schäftigt, Puppen und Eier der Schmetterlinge aufzusuchen und zu ver¬
tilgen. Es ist eine ausgemachte Thatsache, daß in den Wintern, welche
auf einen an Raupen reichen Sommer folgen, der verheerte Wald von
zahllosen Meisen und Goldhähnchenscharen und vielen Spechten aller
Art besucht wird. Der gebildete Forstmann weiß, was sie alle leisten,
und läßt ihnen seinen vollsten Schutz angedeihen.
Die Spechte und anderen Klettervögel nennt mein Vater die „Wol-
thäter der Wälder" und widerlegt schlagend die oft irrige Meinung,
daß dieselben durch ihr Arbeiten den Stämmen schadeten. Dies ist
keineswegs der Fall; denn das gesunde Holz greifen die Spechte niemals
an, sondern immer nur diejenigen kranken Stellen, in welche sich Kerfe
eingenistet haben. Alle gebildeten Forstleute sind hiermit einverstanden.
Äußerst nützlich werden auch die Raben, vor allen andern die Saat¬
krähen, durch Vertilgung von Maikäfern (deren ärgste Feinde nur sie
sind) und Schnecken; nicht minder wolthätig für die den Menschen zu¬
nächst angehenden Pflanzen erweisen sich die Bussarde, Turmfalken und
Eulen. Diese drei Thiere sind die wirksamsten aller Gegner, die thätig¬
sten, unermüdlichsten aller Fänger der so überaus schädlichen Feldmäuse.
Es ist als ein Frevel an der Landwirtschaft anzusehen, wenn der un¬
gebildete Mensch sie verfolgt und tödtet, um ein Prahlzeichen seiner
Dummheit ans Hofthor nageln zu können.
Auch noch auf ein ganz anderes Ergebnis der Wirksamkeit der
Vögel ist in der Neuzeit aufmerksam gemacht worden. Nicht wenige von
ihnen nemlich sind bedacht, dem Umsichgreifen des Unkrautes zu wehren.
Der Landmann, welcher die Waldtauben oder im Herbste Ammer und
Finken mit misgünstigem Auge betrachtet, wenn dieselben seine Felder
nach Futter absuchen, verkennt die Thätigkeit der Vögel gänzlich. Sie
ersetzen ihm durch dieselbe hundertfach den geringen Schaden, welchen
sie während der wenigen Tage der Aussaat ihm zufügen. Alle Tauben
ernähren sich und ihre Jungen fast ausschließlich von den verschiedenen
Samen allerlei Unkrautes, namentlich der Vogelwicke, Rade, Kornblume,