Full text: Frankfurter Lesebuch für Fortbildungsschulen

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lassung der Handwerker auf Dörfern wurde für unzulässig erklärt. Zur 
Verhütung der auswärtigen Konkurrenz untersagte man das Einbringen 
fremder Kunstprodukte in die Städte; zur erfolgreichen Durchführung 
dieser Maßregel stellten größere Zünfte oft eigne Wächter an den 
Toren der Siadt auf. Um zu verhüten, daß der einzelne Zunftmeister 
mehr Arbeit habe als seine Kollegen — sei es nun, daß er niedrigere 
Preise wie jeue stellte, sei es, daß er eine bessere und billigere Zu— 
bereitungsweise kannte oder ein geschickterer Arbeiter war — dehnte 
man die Taxen auf alle, selbst die unbedeutendsten Handwerkserzeugnisse 
aus, ja man ging noch einen Schritt weiter und bestimmte die Anzahl 
der Gesellen und Lehrlinge, die jeder Meister halten konnte. Als 
diese Maßregel nichts fruchten wollte, untersagte man endlich gar die 
Annahme von Lehrlingen auf eine bestimmte Anzahl von Jahren. 
Daneben verbot man hin und wieder das Halten fremder Gesellen. 
Am ärgsten aber beuteten die Zünfte ihre Vorrechte gegen solche Per— 
sonen aus, die, ohne Mitglieder der Meistergenossenschaft zu sein, sich 
mit der gewerbsmäßigen Anfertigung von Handwerkserzeugnissen beschäf⸗ 
tigten. Diese unbefugten Arbeiter wurden „Pfuscher“, „Stumper, 
„Sudeler“ oder ‚Bönhasen“ genannt. Hier benutzten die privi⸗ 
legierten Meister das ihnen zustehende Verbietungsrecht zum Gewerbe— 
betrieb zu förmlichen Menschenjagden. Man drang ohne Achtung des 
Hausrechts in die Wohnungen jener armen, unglücklichen Menschen ein, 
die kein andres Verbrechen begingen, als sich, von der bittern Not 
dazu gezwungen, durch redliche Arbeit zu ernähren, durchstöberte alle 
Raͤume und nahm nicht nur die etwa vorgefundenen Handwerksuten— 
silien, Materialien und die fertigen Fabrikate fort, sondern belegte die 
Bönhasen auch noch mit harten Strafen. 
Nicht minder streng wurde die Abgrenzung der Zunft— 
arbeiten durchgeführt. Der Zunftzwang trieb hier ost Blüten, die 
das stärkste in unsinniger Beschränkung leisteten. Hierfür nur einige 
Beispiele. Die Barbiere und Bader durften sich und ihren Kunden die 
Haare abschneiden und Perücken in Ordnung bringen. Neue Haartouren 
anzufertigen war ihnen aber verboten, das war das Geschäft der 
Perückenmacher. Dagegen durften die letztern mit Puder, einem in 
ihrem Geschäft vielfültig gebrauchten Artikel, nicht handeln. — Den 
Knopfmachern, denen die Anfertigung von allerlei Knöpfen aus Seide, Wolle 
oder Kamelgarn oblag, durften mit ihren Erzeugnissen Handel treiben, 
und zum Schutz ihres Gewerbes war den Schneidern nur die Her— 
stellung der mit Zeug oder Tuch überzogenen Knöpfe erlaubt. — Die 
Bäcker wurden in Schwarz- und Weißbäcker eingeteilt, keiner dieser 
beiden Zweige durfte sich einen Eingriff in die Rechte des andern er— 
lauben. — Die Fleischer oder Metzger teilten sich in den größern 
Städten in Rinds- und Schweinemetzger. Erstere durften keine Kälber 
und Schweine, letztere keine Ochsen, Rinder, Stiere, Hämmel und 
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