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137. Was ist eine chemische Verbindung?
Über keinen Zweig der Wissenschaft herrschen im Volke so wunderbare
und sonderbare Begriffe wie über die Chemie. Es gibt Unzählige, die
sich vom Sauerstoffe eine Vorstellung machen, als wäre das etwas so
Saures, daß einem die Zähne weh thun, wenn man es nur ansieht, als
wäre Wasserstoff noch zehnmal nässer als Wasser, und als wäre Stick—
stoff ein Ding, daß alle Menschen daran ersticken, wenn es nur in die
Stube hineinguckt. Und doch hört man die Namen Sauerstoff, Wasserstoff
und Stickstoff so häufig, daß man meinen sollte, es sei kein Mensch auf
der Welt, der diese Dinge nicht in- und auswendig genau kennte.
Was ist denn nun eigentlich Sauerstoff? — Gesetzt, es brächte
jemand einem Unkundigen eine Flasche voll Sauerstoff, so würde dieser sicher—
lich behaupten, es sei eine leere Flasche. Er würde die Flasche schütteln
und finden, daß gar nichts darin ist, denn Sauerstoff ist wie Luft durch—
sichtig und farblos. Er würde den Stöpsel aufmachen und hineinriechen,
aber auch da nichts finden; denn Sauerstoff ist ein geruchloses Gas. Er
würde die Zunge hineinstecken, um daran etwas zu schmecken, aber auch da
nicht die Spur entdecken; denn Sauerstoff ist auch geschmacklos.
Aber der Unkundige wird staunen, wenn er durch einige Versuche erst
sehen wird, was mit diesem Sauerstoff geschehen kann. Wir wollen ein
paar Versuche damit anstellen.
Man nimmt ein Stück Holzkohle und steckt's auf einen Draht, zündet
es an, daß es ein wenig glimmt, und steckt es so in die Flasche mit Sauer⸗
stoff. Sofort sieht man, wie die Kohle mit wunderbar lebhafter Flamme
darin zu brennen anfängt. Zieht man's schnell hervor, so glimmt's wieder
nur, steckt man's wieder hinein, so flackert's wieder lebhaft auf, bis die
Kohle ganz und gar verzehrt ist. In der Flasche muß also etwas anderes
sein als gewöhnliche Luft.
Wie aber, wenn man viele Kohle zu diesem Versuche nimmt? Wind
sie immerfort so schön verbrennen? Dies wird nicht der Fall sein. Es
wird nur eine bestimmte Masse von Holzkohle in der Flasche verbrennen,
und dann ist es aus; denn es ist kein Sauerstoff mehr in der Flasche. Wo
aber, muß der Unkundige fragen, ist der Sauerstoff geblieben? Und wo ist
eigentlich die Kohle geblieben, die darin rein aufgebrannt? Und endlich,
was ist denn jetzt in der Flasche?
Der Kundige antwortet darauf: „Der Sauerstoff ist nicht verschwunden,
und die Kohle ist nicht verschwunden, sondern beides ist noch immer in der
Flasche, und zwar ist jetzt in der Flasche eine neue Luftart, die man
Kohlensäure nennt. Diese Luftart besteht aus Kohlen- und Sauerstoff,
die sich chemisch verbunden haben.“
Gewiß wird der Unkundige hierüber staunen und über das, was man
eine chemische Verbindung nennt, eine Aufklärung haben wollen; denn das
muß doch ein ganz eigentümlich Ding sein, wenn es schwarze, rußige Kohle
mit einer klaren, durchsichtigen Luftart, wie der Sauerstoff, so durcheinander