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kann.» So war Prinz Wilhelm drei Jahre lang Schüler des
Kasseler Gymnasiums und unterwarf sich willig der Schulordnung.
In allen Stücken, selbst in der Kleidung, stellte er sich seinen
Mitschulern gleich, nabm teil an ihren Bestrebungen, Spielen und
Scherzen, und alle, welche mit ihm diè Schule besuchten, rühmen
die Preundlichkeit, mit welcher er ihnen stets begegnet sei. Seinen
Lehrern gegenüber war er bescheiden, entgegenkommend und ge—
horsam; er entzog sich sogar nicht den Kleinen Dienstleistungen,
zu welchen die Schüler in den Klassen herangezogen zu werden
pflegen. Dem Unterricht folgte er mit unermüdlicher Ausdauer;
namentlich brachte er dem Unterricht in der Geschichte grobe
Teilnahme entgegen, und unsere deutschen Heldensagen machten
ihm eine besondere Preude. Nebenbei versäumte er aber auch
niceht die Pflege seiner Körperlichen Ausbildung, und obwohl von
Geburt mit einer kleinen Schwäche des linken Arms behaftet,
wurde er doch ein vortrefflicher Durner, Schwimmer und Pechter,
wie er sich auch später zu einem kühnen und gewandten Reiter
ausgebildet hat, alles dureh Selbstbeherrschung und eiserne Be-
harrlichkeit.
Nachdem der Prinz mit regem Pleibe und gröbter Pflichttreue
sich von Klasse zu Klasse emporgearbeitet hatte, bestand er, ge
meinsam mit den Schülern der obersten Klasse, die Abgangs-
prũüfung in so glänzender Weise, dab ihm die Anerkennungsmedaille
zu teil wurde, welche nach altem Herkommen jährlich den besten
Schulern des Kasseler Gymnasiums verliehen wird. Als ihm der
Direktor dieselbe mit dem ausdrũücklichen Hinweis überreichte, dab
er diess Auszeichnung vicht seinem Rang, sondern nur
seinem unermüdlichen Fleibe und seinem tadellosen Be—
tragen verdanke, da erwiderte er tief ergriffen: «Sie können sich
nicht denken, wie sehr mieh diese Anerkennung erfreutl Ich bin
mir bewubt, dab ich dieselbe wirklich verdient habe, da ich redlich
meine Pflicht erfüllt und gethan habe, was in meinen Kräften stand.»
Obgleich die preubischen Prinzen vom zehnten Lebensjahre
an den Rang eines Sekonde-Leutnants innehaben, so wollte Prin-
Wilhelm doch nicht auf Grund dieses Vorrechts, sondern nur durch
eigenes Verdienst den Offiziersrang erwerben. Er erbat sich des-
halb von seinem kaiserlichen Grobvater die Erlaubnis, vor seinem
Eintritt ins Regiment die Offiziersprüfung ablegen zu dürfen, was