Full text: Lesebuch für unterfränkische Sonntagsschulen

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den verschiedenen Stufen der Fabrikation kennen zu lernen. — In einem 
großen Saal des Erdgeschosses lagern, zu mächtigen Ballen vereint, riesige 
Bestände an Leder um nochmals von sachkundiger Hand geprüft und sortiert 
zu werden. An langen Tischen arbeiten in demselben Raum die Zuschneider 
für das Oberleder. Glänzendes Lackleder ist in ganzen Häuten über das 
Schneidebrett gespannt und der Arbeiter berechnet zuerst, sorgsam seine Vor⸗ 
lagen auf der schimmernden Fläche ausbreitend, wie er am praktischsten über 
dies umfangreiche Stück verfügt. Da gilt es, für jeden Bestandteil des 
Schaftes, für die Blätter, die Knopfstreifen und die zehn oder zwölf anderen 
Stücke, aus denen sich die obere Bekleidung unseres Fußes zusammensetzt, 
die verschiedenen, geeigneten Teile der Häute auszuwählen; da gilt es, ge— 
schwungene und vielfach gebrochene Linien so ineinanderzupassen, daß der 
Abfall möglichst gering wird. Es ist dies eine schwierige und verantwortungs⸗ 
volle Aufgabe, auf deren geschickter Lösung zum großen Teil die guten Er— 
folge des ganzen Betriebs beruhen. 
Die zugeschnittenen Stücke werden mittels kleiner Wagen in die an— 
stoßenden Räume transportiert. Hier empfängt uns lautes, sinnbetäubendes 
Klappern und Rasseln — gegen 150 Nähmaschinen sind in diesen Stepperei⸗ 
sälen in unaufhörlicher Tätigkeit. Unter den geschickten Händen der jugend— 
lichen Stepperinnen scheint die Arbeit Flügel zu haben; die Mädchen wissen, 
daß Zeit Geld bedeutet. Man muß es aber selbst mit angesehen haben, wie 
exakt und scharf jede Handbewegung, jedes Drehen und Wenden der Schaft— 
teile unter der Maschinennadel vor sich geht, wie genau hier die Futterkante 
an das Leder geheftet, dort Spitze und Knopfzacken geformt werden, um zu 
begreifen, welche Ersparnis an Zeit eine geschickte Einteilung der Arbeit be— 
deutet. Hand in Hand mit der Fertigstellung der Oberteile geht in andern 
Sälen die Fabrikation der „Bodenarbeit“, wie der technische Ausdruck lautet, 
der Sohlen, wie ein Laie sagen würde. Da nach der völligen Zerteilung 
der Häute die vorgeschriebene Form sich möglichst wenig verändern soll, so 
ist es notwendig, dem Leder schon vorher die größtmögliche Festigkeit zu 
geben. Man läßt es daher, sobald die Häute mittels großer Schneide— 
maschinen in Riemen geschnitten sind, durch kraftvoll wirkende Walzwerke 
gehen, deren Druck zugleich die letzte Feuchtigkeit aus dem Leder entfernt. 
Dann erst wandern die langen Riemen zu einer Presse, unter der die Sohlen 
ausgestanzt werden. Armer Meister, was mußt du dich mit deinem Messer 
an dem zähen Stoff quälen, ehe es dir gelingt, in fast halbstündiger Arbeit 
eine Sohle auszuschneiden — hier kannst du sehen, was die Maschine ver— 
mag! In der Presse wird das Sohlleder unter ein aus bestem Stahl ge— 
arbeitetes Fassonmesser von der Form der zukünftigen Sohle gebracht, ein 
Ruck — ein Druck und die haarscharf und schön glatt beschnittene Sohle fliegt
	        
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